Shakespeare verloren, Preis gewonnen

FESTSPIELE / YDP / PREIS AN MOKHALLAD RASEM

21/08/13 Schön, wenn ein echter Schriftsteller in der Jury sitzt und die Laudatio schreibt. Die Jurybegründung des Yound Director’s Festival lässt sich lesen – deutlich süffiger, als sich die Beiträge des diesjährigen Wettbewerbs auf der Bühne präsentierten.

Von Reinhard Kriechbaum

211O-Ton Michael Köhlmeiers, des Wortgewaltigen in der Jury (der außerdem die heurige „Buhlschaft“ Brigitte Hobmeier, der Intendant Ulrich Khuon, der Galerist Thaddäus Ropac und Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler angehörten): „Dass Liebe und Hass in einer Beziehung nicht nur nebeneinander existieren, sondern mitunter in einer einzigen Regung, einem Blick, einem Wort gleichzeitig wirksam sein können, ja dass sie einander brauchen, dass die stärksten aller Gefühle aufeinander angewiesen sind, wenn zwei Menschen gegen eine Welt des Schreckens bestehen wollen – an diese Einsicht führt uns der irakisch-belgische Regisseur Mokhallad Rasem heran. Er nennt sein Stück ‚Romeo und Julia‘. Nicht, dass wir den Titel auf Anhieb verstanden hätten – aber nicht alles ‚auf Anhieb‘ stellt zufrieden. Das Stück erzählt, wovor sich Shakespeare gedrückt hat. Das hat, finden wir, Ambition“

Diese Ambition also wurde mit dem von Montblanc gestifteten Young Director’s Award belohnt: Mokhallad Rasem hat heute Mittwoch (21.8.) den Geldpreis in der Höhe von 10.000 Euro und die Schreib-Trophäe (sie heißt jetzt nicht mehr nach Max Reinhardt, sondern „Montblanc Mozart Pen“) entgegen genommen.

210Ist die Entscheidung der Jury nachvollziehbar? Die Verbindung aus Tanz und Schauspiel war gelungen, die geographische Folie (der Irak als Kriegsgebiet) wenig aussagekräftig. Auf Shakespeare hat sich der Regisseur gar nicht erst eingelassen.

Dass man beim Young Director’s Project die einzelnen Beiträge schwer vergleichen und noch schwerer gegeneinander abwägen kann, ist keine neue Entwicklung: Da war auch schon zu Zeiten so, als Jürgen Flimm und Thomas Oberender über den Wettbewerb wachten. Unter Sven-Eric Bechtolf ist die Sache bloß noch ein wenig beliebiger und kriterienloser geworden. Warum gerade eine Londoner Off-Bühne (Suzanne Andrade mit „The Animals and Children Took tot he Streets“), warum der Tscheche Jan Mikulásek mit dem Film-Verschnitt „Der diskrete Charme der Bourgeoisie”? Wie passte dazu die Eigenproduktion des „Jedermann“ von Bastian Kraft, der Philipp Hochmair als rockenden Showstar ins Rennen schickte?

Hätte sich die Jury für eine dieser Produktionen entschieden, wäre es genauso gut oder genauso nichtssagend gewesen. Auf Dauer wird man nicht herumkommen, wieder so etwas wie Kriterien zu formulieren. Vielleicht gewänne das YDP dann auch wieder beim Publikum ein wenig Zutrauen. Das scheint nämlich, vielen freien Sitzen nach zu schließen, deutlich abhanden gekommen zu sein.

Bilder: dpk-krie
Zu den DrehPunktKultur-Besprechungen vom diesjährigen Young Director’s Project:
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