Karajan-Lakritze

GLOSSE

23.02.2010 Von Reinhard Kriechbaum - Die Rute steht jetzt wieder im Fenster, so mächtig und drohend, als ob nicht Fastenzeit, sondern Krampustag wäre: Ein bisserl blöd noch sollen sich unsere Politiker und Wirtschaftskämmerer aufführen - und schon sind sie endgültig perdü, die Berliner Philharmoniker. "Mit freundlichen Grüßen", könnte unter dem Kündigungsbrief stehen, argwöhnt die Kollegin vom gedruckten Großformat in der heutigen Ausgabe.

GLOSSE

Von Reinhard Kriechbaum

23.02.2010 Die Rute steht jetzt wieder im Fenster, so mächtig und drohend, als ob nicht Fastenzeit, sondern Krampustag wäre: Ein bisserl blöd noch sollen sich unsere Politiker und Wirtschaftskämmerer aufführen - und schon sind sie endgültig perdü, die Berliner Philharmoniker. "Mit freundlichen Grüßen", könnte unter dem Kündigungsbrief stehen, argwöhnt die Kollegin vom gedruckten Großformat in der heutigen Ausgabe.

Ob solcher Abschiedsgrüße schlottern uns ganz gehörig die Knie. Weil es ist ja leider nicht so, dass LH Gabi Burgstaller für das Schreckensszenario danach in "Geheimverhandlungen" mit den Wiener Philharmonikern und Franz Welser-Möst etwas auf Schiene gebracht hätte. Ganz im Gegenteil: Der Verdacht, dass man da klug vorgebaut und ehzeitig miteinander gesprochen habe, wurde augenblicklich und glaubwürdig dementiert.

Aber nicht verzagen, einfach auf Karajan bauen! Das wird uns von den SN ausdrücklich empfohlen. Die Berliner Philharmoniker mit Klauen und Zähnen verteidigen gegen die Politiker-Fläschinnen und Flaschen aller Couleurs und mit aller Energie am Nimbus der "Karajan-Stadt" bauen, das ist jetzt angesagt!

Allein, es fehlt noch am griffigen Identifikations-Sujet: Karajan-Kugel? Wäre ein plumpes Plagiat. Was könnte man also rasch aus dem Hut zaubern? Etwas Längliches, Stabförmiges sollte es sein, ein Tribut ans Dirigentenstaberl. Vielleicht wäre Lakritze passend?

Karajan-Lakritze also. Ein Produzent wird sich finden. Und der wenigstens kann auf Wirtschaftskammer-Fördergeld bauen, denn eine solche Köstlichkeit mit kulturellem Mehr- und Identifikationswert verdiente ohne Zweifel eine saftige Anschub-Finanzierung.

Und das Publikum der Osterfestspiele (laut SN ein "ideales Zugpferd" in Sachen Karajan-Stadt Salzburg) wird sich die Karajan-Lakritzenstangen schon auf der Zunge zergehen lassen. Vielleicht werden ja bei so manchem Erinnerungen wach. Schließlich hat es in den Jugendtagen vieler Besucher so was noch an der Kinokasse gegeben und in Reformhäusern.