Vogelgezwitscher oder Himmelsglöckchen?

FESTSPIELE / SPATZENMESSE

03/08/14 Geschätzte hundert Kinder und Jugendliche mit Mozart im Gepäck geben im eindrucksvollen Ambiente einer prall gefüllten Kollegienkirche alles, was die jungen Musikerherzen an Leidenschaft und Musizierfreude bereithalten. Eine Konzertstunde, wie sie wohl auch Mozart gefallen hätte.

Von Stefan Reitbauer

Wie routinierte Profis stehen die jungen Musiker des Mozart-Kinderorchesters der Stiftung Mozarteum auf dem Podium, die stolze Brust dem Publikum zugewandt, das Instrument in vielleicht doch etwas zitternden Händen, die zahlreichen Augenpaare durch die Kollegienkirche schweifend. Doch eines ist gewiss, kein Profiorchester dieser Welt hat jemals einen solch beschwingten Auftritt absolviert. Beschwingten, federnden Schrittes geht es auf die Bühne. Als nach dem Stimmen dann der Dirigent, Christoph Koncz, nach vorne tritt, legt sich Ruhe und zunächst Gelassenheit in die Gesichter. Aber dann geht´s mit Feuereifer in den ersten Satz der Mozart-Symphonie in G-Dur KV 45a.

Solch feine Klänge ist der erfahrene Konzertbesucher nicht gewöhnt, die Saiten werden behutsam gestreichelt, obwohl – die Konzertmeisterin agiert mit ziemlichem Nachdruck. Auf den zweiten Satz im ruhigen Andante folgt das Presto des Schlusssatzes. Und es geht ordentlich zur Sache, das Cembalo pflügt richtiggehend durch die Durchführung in Richtung Reprise. Christoph Koncz, der junge Stimmführer der zweiten Geigen der Wiener Philharmoniker, dirigiert klar und ruhig, aber durchaus bestimmt. Er hat seine Schützlinge allzeit gut im Griff.

Das Orchester weicht dem Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor, der in ähnlich aufgeregter Weise die Bühne erklimmt. Nur die Männerstimmen, die den Mädchen und Burschen des Alt und Sopran ein paar Lebensjahre voraushaben, nehmen gar leicht behäbig ihre Positionen ein. Es folgt ein „Jubilate Deo“, früher Mozart zugeschrieben, nach heutigem Wissensstand keinem Komponisten mit Sicherheit zuordenbar, und darauf der vierstimmige Kanon „Ave Maria“. Klare, helle Mädchen- und Knabenstimmen sind da zu vernehmen, selbstbewusste Kanoneinsätze im sicheren und homogenen Tempo. Wolfgang Götz muss nicht viel eingreifen, einige Impulse und Energieschübe reichen vollends, um das fröhliche Treiben in Gang zu setzen. „God is our refuge“, vom 9jährigen Mozart wohl unter Mithilfe seines Vaters komponiert, erklingt nach einleitenden Worten der ebenfalls 9jährigen Maria, die dem Schöpfer des kurzen Stücks in ihrem Selbstbewusstsein um nichts nachsteht.

Zum Schlusspunkt des Programms vereinen sich nun beide Klangkörper und werden außerdem von den vier Gesangssolisten Maria Mundryak, Henriette Gödde, Amitai Pati und Giovanni Romeo unterstützt. Was nun folgt, gleicht einem spontan gezündeten Feuerwerk. Christoph Koncz galoppiert mit seiner Hundertschar durch die „Spatzenmesse“. Mit weit aufgerissenen Augen wird gefiedelt, die Pauke geschlagen, das Horn geblasen und gesungen, als ginge es um Leben und Tod. Tatsächlich schlägt der Dirigent besonders im Gloria und Credo sehr rasche Tempi an. Doch das gefällt und entspricht auch dem agilen Wesen der jungen Künstler. Ob die „Spatzenmesse“ nun ihren Namen dem Vogelgezwitscher oder den Himmelsglocken im Sanctus verdankt –? Diesmal wohnte beides, klar vernehmbar, dem Tun der jungen Musiker inne.

Mit Mozarts „Ave verum corpus“ wird dem Bitten des Publikums nach einer Zugabe gerne nachgegeben. Rasch und fein musiziert, ohne Gehabe und Schnörksel geht´s durch die Takte.

Bilder: Salzburger Festspiele / Silvia Lelli