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Ist das Große, Luxuriöse der Maßstab der Zeit?

KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

28/08/14 Wenn man Alexander Pereira so zugehört hat bei seiner letzten Pressekonferenz, dann konnte man ihm bei vielen, vielen Punkten zustimmen. Haargenau so, wie er es beschreibt, waren seine Festspiele: Viel Luxus, gespiegelt in großen Werken und großen Namen.

Dem entspricht ein Einspielergebnis, das – weil man sehr vorsichtig und genau kalkuliert – wieder mehr als zwei Millionen Euro über der Budget-Annahme liegt. Also eh alles in allerbester Ordnung?

Pereira hat seine Stimmungslage so beschrieben: Er habe Bedenken gehabt, nach diesem, seinem letzten Festspielsommer, quasi ausgepowert am 1. September in Mailand anzufangen als Scala-Chef. Das Gegenteil sei der Fall, erquickt von seinem eigenen Festival gehe er jetzt in den Süden. Eine Beobachtung, die wir „Berufs-Festspielgänger“ übrigens auch machen: Viel wirklich Schönes, viel wirklich Gutes – aber keine Rede von geistiger Überbeanspruchung. Fast haben wir keinen Urlaub verdient nach diesem Sommer, wie viele Stunden wir auch verbracht haben im Festspielbezirk.

Das genau ist der Knackpunkt: Sind Festspiele dazu da, eitel Wonne und Frohsinn zu verbreiten? Dann müsste man die Marke Pereira augenblicklich als Trademark für Salzburg sichern. Eine Sünde fast, einen Mann mit solchen Fähigkeiten zum Divertissement in die italienische Wüste zu schicken!

Da sind freilich auch noch andere Beobachtungen: 93 Prozent Auslastung heißt immerhin, dass in etwa jeder elfte Platz frei bleibt. Das sind im Großen Festspielhaus gut zweihundert Plätze, drei oder vier Autobusladungen Menschen. Frei bleiben die teuersten Kategorien. Ohne nun gleich von Krise zu sprechen: Es gibt immer weniger Menschen, die sich bloß die Luxuria, bloß die Unterhaltung in der abendlichen Promi-Sonne, das festliche Vorüberziehen von Kultur an Aug und Ohr leisten können oder wollen.

So weit waren wir schon, in den Endjahren der Ära Karajan. Damals musste Mortier kommen. Im Nachhinein betrachtet, war er auch nicht der Wunderwuzzi, aber er hat die Finger auf eine Wunde im Festspielbetrieb gelenkt, der sich sehr auf Hochglanz und Äußerlichkeit festgelegt hatte.

Es gibt derzeit nur geringen Anlass zur Sorge: Die Weichen sind mit Markus Hinterhäuser, der den Betrieb nach zwei weiteren Festspielsommern übernehmen wird, in eine vielversprechende Richtung gestellt. Es scheint jetzt ein Bewusstsein zu herrschen im Direktorium, das der Weg ein geistes-gegenwärtiger sein muss, um das Überleben der Institution zu sichern. Das „Nimm zwei, zahl eine“-Angebot für ein Konzert der Wiener Philharmoniker muss Alarmsignal genug gewesen sein.

Alexander Pereira ist kein Lorbeerkranz aufzusetzen zum Abschied, keine Blumen zu streuen auf dem Weg nach Mailand. Aber hat genau diese Festspiele gemacht, für die er nach Salzburg geholt worden ist. Professionell und sogar mit tiefer innerer Überzeugung vom eigenen Tun hat er die Erwartungen des damaligen Kuratoriums umgesetzt. Der systematische Fehler eben war, dass diese Festspiele, die sein Herz erfüllen, nicht mehr das Modell von heute sind. Das Große, das Luxuriöse ist nicht mehr der Maßstab der Zeit.

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