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Haydns Humor beim Schopf gepackt

FESTSPIELE / DIE SCHÖPFUNG / MARC MINKOWSKI

19/07/15 Die Idee eines geistlich-geistigen Einstiegs vor Salzburgs Festspielgeschehen im Sommer stammt von Past-Intendant Alexander Pereira. Am Beginn steht seither – manche sagen schon „traditionell“ – Haydns „Schöpfung“. Jedes Jahr wird sie unterschiedlich besetzt. Zum Festspiel-Auftakt heuer war sie Marc Minkowski anvertraut.

Von Horst Reischenböck

Marc Minkowski hat sich längst mit einem Standbein fix in Salzburg etabliert. Zusammen mit den von ihm gegründet in Grenoble ansässigen Les Musiciens du Louvre zuletzt beispielsweise überaus erfolgreich für des Genius loci Oratorium „Davide penitente“ KV 469 in der Felsenreitschule innerhalb der letzten Mozartwoche, deren künstlerischer Leiter er ja derzeit noch ist.

Diesmal, am Samstag (18.7.), war dieses Originalklangorchester (nicht zum ersten Mal) durch bekannte Gesichter aus dem Mozarteumorchester „aufgepäppelt“. Also ein groß aufgefächertes Instrumentalaufgebot auf dem Podium des Großen Festspielhauses, optisch-symmetrisch durch jeweils vier Kontrabässe zu beiden Seiten, einem Paukisten-Duo und mit verdoppelt, also vierfach besetzten Bläsern vor dem ebenfalls mit 70 Vokalisten diesmal in Großformation angetretenen Salzburger Bachchor. Der war wie immer exzellent durch Alois Glassner einstudiert und bewies das gleich im einzigartig gehauchten Einstieg zu den Worten „Und der Geist Gottes schwebte ...“. Aber genau so im weiteren Verlauf in den prachtvoll kräftig und wortverständlich gesungenen Fugen.

Minkowski schürfte trotz meist relativ zügig genommener Tempi detailverliebt in Haydns lautmalerischen Tönen. So, mit „schrecklich“ liegenden Bläserklängen vermag sich eine Idee davon einzustellen, welchen Eindruck wohl die Schilderung des Chaos auf Haydns Zeitgenossen ausgeübt haben mag. Ähnlich die überwältigenden Idee vom Einbruch des Sonnenlichts oder später die Kontrafagott-Karikatur zu „der Tiere Last“. Haydns ureigenster Humor wurde da beim Schopf genommen. Baron Gottfried van Swietens hat seinem Text die Bibelübersetzung durch Martin Luther zugrunde gelegt. Das war also, aus heutiger Sicht, schon für damalige Zeiten „überkonfessionell“ gedacht, von Freimaurern in einem vornehmlich katholisch geprägten Land verantwortet, das erst wenige Jahre vorher durch das Toleranzpatent Kaiser Josef II. Die Protestanten legalisiert hatte.

Folgerichtig wollte Minkowski die ganze Schöpfungsgeschichte der ersten beiden Teile konsequent in einem Zug anderthalb Stunden hindurch schildern. Da machte er freilich die Rechnung ohne den Wirt, sprich: die sommerliche Hitze, die Hörer vorzeitig kollabieren ließ. Der kurzfristige Wetterumbruch drücke noch mehr warme Luft ins Auditorium. Bei zur Pause geöffneten Türen bleibt auch zwangsläufig die Klimaanlage wirkungslos.

Danach also dann nur mehr der „Appendix“ von kaum 30 Minuten, in denen die Vokalsolisten das Lob Gottes im Paradies verkünden. Glockenhell Sopranistin Chiara Skerath, eins der Blumenmädchen im „Parsifal“ unter Christian Thielemann bei den Osterfestspielen, als Gabriel und danach als Eva, die sich im besten Einvernehmen mit Adam (zuvor Raphael), dem sowohl schlank wie solide fundierten Bass von Adrian Sâmpetran verband. Er ist als Leporello im „Don Giovanni“ hier bereits zu erleben gewesen. Und der wendige Tenor Stanislas de Barbeyrac sang in dem von Minkowskis dirigierten, als Pferdeballett gefassten „Davide penitente“ heuer im Jänner. Nun war er der Erzählende Engel Uriel in allen drei Teilen.Jubel am Ende, was sonst?

Bild: Salzburger Festspiele / Marco Borggreve

 

 

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