Glanz und Glorie

FESTSPIELE / MOZART-MATINEE / BUCHBINDER

03/08/15 Haydn, Mozart, Beethoven, Buchbinder – vertraute Klassik ohne Überraschungseffekte - ließen das Publikum bei der zweiten Mozart-Matinee am Samstag (1.8.) im Großen Saal des Mozarteums jubeln.

Von Christiane Keckeis

Wenn Rudolf Buchbinder, pianistischer Maestro, spielt und das ihn begleitende Orchester leitet, liegt der Fokus der Interpretation weniger auf aufwendiger Detailarbeit, durchsichtiger Phrasierung oder raffinierter Farbgebung als aus dem Strömen der Musik sozusagen aus dem Bauch heraus: pianistisch mit schlafwandlerischer Sicherheit, unprätentiös brillant, technisch stupend. Das ist ein bisschen an der Oberfläche, gut verdaulich, schön zum Anhören.

Mit lebendiger Frische startet so dann auch das Mozarteumorchester in den Vormittag und in Haydns Konzert für Klavier und Orchester D-Dur, unverstellt und wach. Im Klavier echot die Lebendigkeit eine Spur manierierter mit bewusst eingesetzten Verzögerungen und melodiösen Linien, gelegentlich fast romantisch, um dann wieder in den Fluss virtuoser Läufe einzusteigen. Ganz andächtig und gefühlvoll mit dichten Legatolinien im Klavier und

berührenden Pianissimi von Klavier und Orchester gelingt der zweite Satz, bevor sich im Rondo all´Ungarese alle wieder vollblutmusikalisch ins Leben stürzen. Der hintergründige Haydn steht da eher zurück. Aber an Lebendigkeit mangelt es nicht.

Prächtig und laut, so richtig Allegro Maestoso, beginnt Mozarts Konzert für Klavier und Orchester Nr. 25 C-Dur. Welcher Glanz, welcher Auftritt! Farben? Irritationen? Auch wenn man diesbezüglich einiges aus der Partitur lesen könnte, auch hier: Die Musik fließt fort, eine Welle nach der anderen, ohne spezifische Schwerpunktgebung, mit vielen schönen Momenten, wenn es beispielsweise ins Pianissimo oder ans Dialogisieren zwischen Klavier und Bläsern geht.

Buchbinder nimmt sich im Klavier einige Tempofreiheiten, acceleriert und ritardiert, womit er das Orchester an den Rand der Reaktionsfähigkeit bringt, da gibt es manches Ruckeln und Hinterherstottern. Und es regt sich leise die Frage: Warum? Wenn auch die Sichtverhältnisse auf dem Podium so begrenzt sind, wie im Großen Saal - warum nicht doch besser mit Dirigent?

Frisch und frei mit großer Spielfreude erklingt Mozarts heiteres Rondo für Klavier und Orchester D-Dur KV 382. Immer wieder schön zu hören, dass Buchbinder nicht den großen pianistischen Auftritt sucht, sondern sein Instrument als Teil eines Ganzes versteht, so dass Klavier und Orchester eher als Einheit erscheinen, denn als getrennte Pole. Die spürbare Herzlichkeit, die dem Maestro vom Orchester aus entgegenströmt, ist ein schöner Nebeneffekt.

Mit Beethovens ungewöhnlicher Chorfantasie zeigt sich Buchbinder dann ganz in seinem Element, leidenschaftlich, farbenreich, virtuos. Auch das Mozarteumorchester gibt alles, was seine Qualität ausmacht: wunderbare kammermusikalische Gestaltung, schöne Differenzierungen, sprechende Phrasen und natürlich Pracht und Glorie. Glanzvoll auch der junge stimmkräftige Bachchor (Durchschnittsalter unter Dreißig) mit sorgfältig gestaltenden, klangschönen Chorsoli und präzis, wortverständlich und freudig engagiertem Tutti: „Wenn sich Lieb und Kraft vermählen, lohnt den Menschen Göttergunst.“ – Was zu beweisen war.

Und so geht der grenzenlos jubelnde Beethoven nahtlos in den frenetischen Jubel der Zuhörenden über.

Bild: Salzburger Festspiele/Marco Borrelli