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Im Siebten Himmel mit Beethoven und Schubert

FESTSPIELE / SOLISTENKONZERT UCHIDA

23/08/15 Mitsuko Uchida, die mit ihren Mozart- und Schubert-Interpretationen immer wieder Maßstäbe setzt, gehört neben Maurizio Pollini, Grigory Sokolov und András Schiff zu den Klaviergrößen, die in Salzburg mühelos die Festspielhäuser füllen.

Von Oliver Schneider

Am Freitag (21.8.) hatte die abgeklärt wirkende, unprätentiöse Pianistin eines der großartigsten Klavierwerke der Wiener Klassik im Gepäck, die „Diabelli-Variationen“ von Ludwig van Beethoven, die in ihrer Dimension alles bis dahin Bekannte sprengen und nur mit Johann Sebastian Bachs hundert Jahre älteren Goldberg-Variationen vergleichbar sind. Also Musik vom Olymp der Klaviermusik.

Der Komponist und erfolgreiche Musikverlegeger Anton Diabelli hatte 1819 in Wien für das Projekt „Vaterländischer Künstlerverein“ 51 Komponisten eingeladen, über ein von ihm gesetztes Walzerthema, den sogenannten „Schusterflecken“, je eine Variation zu schreiben. Zu den Eingeladenen gehörten Franz Liszt, Franz Schubert und eben Beethoven, der aber abwinkte und stattdessen einen eigenen Zyklus komponierte. Diesen brachte Diabelli 1823 heraus, während er die Einzelvariationen 1824 zusammengefasst in einem zweiten Heft erscheinen ließ.

In dem knapp einstündigen Werk lässt Beethoven die Pianistin alle Anschlags- und Pedalnuancen, alle Klangfantasien in 33 Variationen ausschöpfen. Und wie Mitsuko Uchida das macht! Jeder Ton erklang beherrscht und reflektiert. Geradezu schroff setzt sie die erste Variation (alla marcia maestoso) an, strebt in der sechsten Variation mit dem zwischen der rechten und linken Hand wechselnden Thema einen ersten Höhepunkt an und lässt nach der kraftvollen siebten Variation in der achten scheinbare Ruhe einkehren.

Über den zweiten Teil ab der zehnten Variation könnte man Alfred Brendels Äußerung über den Gesamtzyklus ganz besonders gut setzen: „Die Diabelli-Variationen sind, bei allem, was sie an Ernst und Lyrik, an Geheimnisvollem und Depressivem, an Sprödigkeit und besessener Virtuosität enthalten, ein Kompendium musikalischer Komik.“ Uchida hat das nötige Gespür für den augenzwinkernden Humor in der Musik (13. und 21. Variation), brilliert im aberwitzigen Presto (19. Variation) genau wie sie im anschließenden Andante sensible Innigkeit herausschält. Sie baute ihren Spannungsbogen so auf, dass die drei sensibel-innigen Moll-Variationen, die an Händel gemahnenden Doppelfuge und die abschließende, scheinbare Mozart-Referenz im Tempo di Minuetto ein furioses Finale des Zyklus bildeten. Das Publikum spendete dankbar und erfüllt Beifall.

„Schubert ist ein Geschenk, Beethoven ein Monstrum“, so brachte es Mitsuko Uchida beim Signieren im Anschluss an das Konzert auf den Punkt. Ein Geschenk war es, ihren vier Impromptus op. 90 D 899 im ersten Programmteil zu lauschen, die man sonst gerne einzeln als Zugaben hört. Großartig war, wie mühelos und unaufdringlich Uchida den Stimmungskosmos der Impromptus ausschöpfte. Trotz der unterschiedlichen Charaktere fanden die Stücke in ihrer Interpretation zu einer inneren Geschlossenheit. Mit zärtlicher Leidenschaft gab sie das Ges-Dur, das dritte Impromptus, gelöst heiter erklang das abschließende in As-Dur.

Hörfunkübertragung am 4. September um 19.30 Uhr in Ö1
Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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