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Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder

FESTSPIELE / LIEDERABEND ANGELA DENOKE

23/08/15 Den Traum vom Glück und seine nachtschwarzen Dunkelstellen besang Angela Denoke am Samstag (22.8.) im Landestheater in einem Liederreigen rund um die Entstehungszeit von Brecht/Weills „Dreigroschenoper“.

Von Elisabeth Aumiller

Avantgarde und populäre Elemente reichten sich in den frühen Dreißigerjahren harmonisch die Hand, waren keine unvereinbaren Gegensatzpaare. Sie waren höchst erfolgreich in ihrer pointierten Mischung aus Polit- und Gesellschaftssatire, bevor das radikale Aus ihre Schöpfer ins Exil trieb. Ein faszinierendes Liederporträt der Weimarer Republik also unter dem Motto „Städtebewohner – Kurt Weill und seine Zeit“, das Angela Denoke zusammen mit dem Pianisten und Arrangeur Tal Balshai, dem Klarinettisten Norbert Nagel, dem Cellisten Tim Park und dem Sprecher Uwe Kraus gestaltete: Kurt Weill, Bertolt Brecht, Walter Kollo, Erich Kästner, Werner Heymann, Hanns Eisler, Kurt Tucholsky, Friedrich Hollaender, Mischa Spoliansky. Reinhard Bischel sorgte für das rechte Licht.

Es fordert Respekt ab, wie Angela Denoke diese Szenen in einer Mischung aus 100 Prozent Wortdeutlichkeit und minutiös tariertem Gesangston serviert. Sie ist die nonchalante Chansonnette auf ihre ganz individuelle Art: eine Spur lasziv und erotisch, nicht zu viel und nicht zu wenig, eine Spur kühle Blonde, aber mit warmem Herzschlag, eine Selbstsichere, eine Erfahrene, die die Welt, die Männer, die Liebe, die Schönheiten und die Abgründe, den Schmerz und die Verzweiflung kennt, die aber auch noch Platz hat für Träume und Visionen und dabei doch auf dem Boden der Realität bleibt.

In einem Reichtum an Nuancen, stimmlichen Klangvarianten, an Intensität ebenso wie an Zartheit fächert sie die unterschiedlichen Stimmungen auf. Sie übertreibt nie, findet genau die Mitte, hat genaue Kontrolle über jede Bewegung , über jede Facette, jeden Augenaufschlag, setzt minimale Gestik ein, die aber jede Regung bedeutsam und aussagekräftig macht. Das ist große Kunst, die im Gewand von Selbstverständlichkeit daherkommt, einen natürlichen Ausdruck annimmt. Man fühlt sich als Publikum an der Hand genommen, und drum kann sich Angela Denoke der vollen Aufmerksamkeit sicher sein. Wenn sie einmal nicht mehr ihre großen Opernpartien singen wird, dürfte ihr eine erfolgreiche Zweitkarriere als Chansonnette sicher sein.

Uwe Kraus brilliert zwischen den Songs mit Gedichten von Erich Kästner wie „Besuch vom Lande“ und „Lob der Volksvertreter“ und bringt gewitzt Brechts politische Karikatur „Wenn die Haifische Menschen wären“, die auch heute noch Aktualitätswert besitzt und nachdenklich macht.

Hell leuchtet „Berlin im Licht“ in dem Weill-Song, der die Illumination der Stadt feiert, die die Nacht und ihre dunklen Gefahren bannen möchte. Unbeschwert geht es in Walter Kollos „Unter den Linden“ zu, das ebenfalls mit Stolz die Großstadt besingt, dabei immer auch Doppelbödigkeit einbringt. Im Gegenzug verbirgt Heymanns „Die Kleine Stadt“ hinter schlichter Idylle tragische Untertöne. Düsternis „An den Kanälen“, in denen Selbstmörder und politisch Ermordete ihr ewiges rattengeschwängertes Bett finden. Traurig auch die Mutter, die ihren Sohn für den Graben aufzieht in Tucholsky/Weills „Der Graben“ oder des Soldaten Weib (Brecht/Weill), dem nach Geschenken aus Prag, Oslo, Amsterdam, Brüssel, Paris, Bukarest nur noch der Witwenschleier aus Russland bleibt.

Hinreißend ist Denoke in Weills Alabama und Bilbao Song ebenso wie bei „Heut' gefall' ich mir“. Und eine fulminante Show an Politsatire liefert sie, wenn sie sich für Hollaenders „Raus mit den Männern aus dem Reichstag“ einsetzt. Gefühl und Zartbesaitung kommt auf in Spolianskys „Leben ohne Liebe“, auch in Eislers „Lied von der Moldau“ . Träumerisch denkt sie darüber nach, „wenn ich mir was wünschen dürfte“ und lässt zum Abschluss den großen Hoffnungsschimmer winken: „Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück.......irgendwo, irgendwie, irgendwann!“. „Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder“ ist dann ihre umjubelte Zugabe.

Bilder: dpk-E.Aumiller

 

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