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Musikalisch firm auf dem Weg ins Jenseits

HINTERGRUND / SIGISMUND NEUKOMM, MICHAEL HAYDN / REQUIEM

25/07/16 Sigismund Ritter von Neukomm (1778-1858) ist nicht erst ein Thema, seit sich Herbert Lindsberger, Bratschist im Mozarteumorchester, und Ulrike Halmschlager als Regisseurin und Kamerafrau auf Reisen begeben haben, um der aufregenden Biographie nachzuspüren. Der Salzburger kam ja bis Brasilien, wovon deren Film „Saudade“ erzählt.

Von Erhard Petzel

Beim Fest zur Festspieleröffnung hat man wieder einmal echten Neukomm hören können: eine seiner fünf Requiem-Vertonungen, die im Archiv von St. Peter liegen. Die „Klangscala“ und das „Blechbläserensemble 1816“ unter Helmut Zeilner haben sich des Werks angenommen.

Eine schöne Fügung, dass am selben Wochenende zum Auftakt der Mozart-Matineen bei den Festspielen Michael Haydns Schrattenbach-Requiem aufgeführt worden ist (Mozarteumorchester, Bachchor,Leitung Ádám Fischer, im Bild unten), jenes Stück, aus dem Mozart so manche Idee für sein eigenes Requiem bezogen hat. Sigismund Ritter von Neukomm war seinerseits in Wien Lehrer der Mozart-Söhne. Er hielt eine Rede zur Einweihung des Salzburger Mozart-Denkmals und lieferte Musik hierfür.

Für das Neukomm-Konzert in der Großen Aula (am 23.7.) haben der Musikverein von Josef Radauer, Chorverband und Blasmusikverband zusammen gearbeitet. Die Eröffnungsfanfare führte in die Klangwelt Neukomms ein, ebenso ein Terzett mit jungen Frauenstimmen des Chores und ein „Laetatus sum“ mit dem jungen Bariton Johannes Forster. Mit der doppelchörigen Motette „De profundis“ steht Neukomm in guter Tradition von A-capella-Musik für mächtige Gotteshäuser, deren Raumwirkung sich in der Aula naturgemäß nur imaginieren lässt. Ein Trauermarsch, den man allen Bläserensembles zum erbaulichen Nutzen nur empfehlen kann, leitete die Erstaufführung des Requiems für Männerchor und Blechbläsensemble ein.

Neukomm präsentiert sich hier als musikalischer Kosmopolit, der in schlichter Phrase ein enges Verhältnis zwischen Text und musikalischer Umsetzung anstrebt. Der Mozartverehrer und Schüler der Brüder Haydn erweist sich als Repräsentant einer neuen Epoche, beeinflusst von den Impulsen seiner Aufenthalte, vor allem Frankreichs. Delikat mischt er die Bläserstimmen in das Sängerensemble, forciert expressiv im Dies Irae, macht vor dem „Rex“ im fürchterlichen Unisono erzittern und fährt mit den Posaunen in den Tartarus. Den Chorfanfaren des Sanctus setzen die Bläser die ihren entgegen, während alles inhaltlich Helle sphärische Unterstützung findet und das Auslaufen der Sätze im Amen harmonischer Choräle tröstet. Verneigung vor Gregorianik findet sich einstimmig im abschließenden Kyrie-Ruf.

Und das Schrattenbach-Requiem, das man in der Matinee hörte? In nur zwei Wochen komponierte Johann Michael Haydn das Requiem in c-Moll im Dezember 1771 anlässlich des Todes seines ersten Salzburger Dienstherren, Fürsterzbischof Sigismund Graf Schrattenbach, einem im Volk sehr beliebten Landesfürsten und großen Mäzen der Künste. Das Werk entstand aber auch unter dem Eindruck der persönlichen Trauer: Haydns einziges Kind, Aloisia Josepha, starb im Januar 1771 noch vor Vollendung des ersten Lebensjahres. Teile aus dem Schrattenbach-Requiem erklangen zusammen mit den abgeschlossenen Sätzen seiner zweiten unvollendeten Requiems-Komposition bei Johann Michael Haydns eigener Totenmesse. Selbst bei den Trauerfeierlichkeiten für seinen Bruder Joseph Haydn in Wien griff man auf die Missa pro defunctis des jüngeren Bruders zurück.

Bilder: Klangscala (1); Salzburger Festspiele / Lukas Beck (1)

 

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