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Grandioser Auftakt

FESTSPIELE / JERUSALEM QUARTET / ANDRÁS SCHIFF

02/08/16 Eindrucksvoller hätte der diesjährige Einstieg für Kammermusikfreunde ins Festspielgeschehen nicht ausfallen können! Die traumwandlerische Partnerschaft von András Schiff mit den Streichern aus Israel bescherte zwei Sternstunden.

Von Horst Reischenböck

Sie musizieren bereits gut zwanzig Jahren zusammen: Alexander Pavlovsky und Sergei Bresler, Ori Kam und Kyril Zlotnikov. Das verbindet nicht nur, sondern festigt viel mehr eine in sich verschworene Gemeinschaft. Eigentlich höchste Zeit, dass sie nach Wien und Innsbruck auch einmal zu einem Auftritt in Salzburg eingeladen wurden: Am Montag (1.8.) im Großen Saal des Mozarteums war es endlich soweit. Mit im Gepäck führte das Jerusalem Quartet Franz Schubert, Johannes Brahms und Mieczyslaw Weinberg, drei Komponisten, deren Todestage jeweils rund hundert Jahre auseinander liegen.

Schon mit dem Einstieg in den Abend, Schuberts genialem c-Moll-Einzelsatz D 703, stellten die vier Herren unter Beweis, wie und dass sie absolut keine Aufwärmphase benötigen. Vom ersten Einsatz bis in letzte Fasern hinein mit energischem Ansatz wurde hier einem nervig vibrierenden Fiebertraum geredet, nahezu symphonisch angelegt. Nur sporadisch, vom Primarius Pavlovsky ausgehend, kam es da und dort zu leisester gedanklicher Zurücknahme.

Das waren emotionale Anknüpfungspunkte an das große Klavierquintett f-Moll op. 18 von Mieczyslaw Weinberg: Als Jude aus Polen geflohen, dank dem Unvermögen eines UdSSR-Grenzsoldaten auf „Moisei Vainberg“ umbenannt, wird dem 1996 Verstorbenen erst in unseren Tagen posthum zustehende Gerechtigkeit zuteil.

András Schiff, der für dieses Werk zu den Streichern trat, hat die Absicht, weiterhin mit dem Jerusalem Quartet aufzutreten - und er wird hoffentlich auch das mit überbordender gedanklicher Fülle beeindruckende, fast orchestral angelegte Werk weiterhin publik machen.

Dramatisch, ernst gestimmt schon nach dem noch eher verträumt anmutenden Beginn, ist der immer mehr an Dynamik gewinnende Marsch. Wenig positiv im Ausklang – wie auch die zwei vom Tempo her bewegteren Abschnitte: ironisch geisterhafte Variationen und kaum witzige Irrlichter eines Walzers inklusive eingeschobener Tango-Rhythmen.

Noch mehr im Abgründigen lotend ist das gewichtige Largo, das den Flügel, in Einzelgängen rezitierend, bewusst den Streichern als Widerpart gegenüber stellt. Logisch, dass in einem solchen Werk selbst das fulminant tänzerische Finale nicht befreit, sondern gegen Schluss ambivalent dahin verdämmert. Packend, eindrucksvoll interpretiert und bereits vor der Pause entsprechend bejubelt.

Der Applaus steigerte sich noch nach der fesselnden Ausführung von Johannes Brahms Quintett f-Moll op. 34. Auch diese Wiedergabe war vom ersten Unisono-Einstieg an von der beglückenden Erfahrung geprägt, wie sich Andras Schiffs Behandlung des von ihm bevorzugten Bösendorfers perfekt tonschön ins leuchtende Klangbild der Partner integriert. Ähnlich, wie er es schon vor einem Vierteljahrhundert mit den ungarischen Takács-Kollegen tat.

Schuberts Anklänge im Andante spannten gedanklich den Bogen zum Anfang des Programms, ehe nach dem Kraftakt des Scherzos alle Beteiligten gleichermaßen bravourös in die Presto-Zielgerade einbogen. – Ein überwältigender Abend.

Bild: Salzburger Festspiele / Michael Pöhn

 

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