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Jubel für Pulcinella und András

SOLISTENKONZERT / ANDRÁS SCHIFF / DIE SALZBURGER MARIONETTEN

04/08/16 András Schiff und Pulcinella auf einer Bühne? Arm in Arm? András Schiff, schlummernd am geschlossenen Klavier? Mit einem überdimensionalen Uhrwerks-Schlüssel aufgezogen und zum Leben „erweckt“ vom Puppenspieler? Der große Pianist zeigte sich bei seinem Solistenkonzert – das er großteils in märchenhafter Gesellschaft absolvierte – von überraschender Seite.

Von Heidemarie Klabacher

Auf dem Programm im Großen Saal des Mozarteums standen „Papillons op. 2“ von Robert Schumanns und die beiden Klavierzyklen „Children’s Corner, Petite Suite pour Piano seul“ und „La Boîte à joujoux, Ballet pour enfants“ von Claude Debussy.

Ein charmantes, wenn auch kurzes Programm. Das hätte man gesagt - wäre als weiterer Mitwirkender nicht das Salzburger Marionettentheater angekündigt gewesen. So war die Spannung hoch, die Neugier groß, zumal Schumanns „Papillons“ zwei Mal im Programmheft standen. Tatsächlich eröffnete András Schiff den Abend „klassisch“: mit einer ebenso energiegeladenen wie duftig tänzerischen Wiedergabe der Miniatur-Walzer-Folge. Robert Schumann hatte sich aus den Ball-Szenen im Roman „Flegeljahre“ von Jean Paul dazu inspirieren lassen.

Danach folgte eine ebenso delikat, hochkonzentriert und farbenreich aus den Tasten gezauberte Begegnung mit dem Stoffelefanten Jimbo, der Puppe, dem kleinen Schäfer und dem über’s ganze Gesicht lachenden Golliwog in „Children’s Corner“: Figuren aus dem Spielzimmer von Claude Debussys jung verstorbener Tochter. Die Puppe, der Schäfer, eine Golliwog-Figur und etliche andere sollten später „persönlich“ auf der Bühne erscheinen.

Doch zuvor spielte András Schiff noch einmal die Schumann’schen „Papillons“ und beim zweiten Mal tanzten die Marionetten dazu: András Schiff untermalte die Ball-Szene zwischen den Romanbrüdern Walt und Vult und der von beiden angebeteten Wina. Thomas Reichert hat das Stück für das Salzburger Marionettentheater inszeniert und die Puppen geschaffen: Zwei Burschen von heute, einer cool, einer introvertiert und tollpatschig, dazwischen das Mädchen Wina und ihre Freundin. Umschwebt werden die jungen Leute in ihren Liebes-Sorgen von phantastischen Wesen aus Jean Pauls - und der Puppenkünstler nebenan in der Schwarzstraße - abgründiger und unerschöpflicher Vorstellungskraft.

Danach überraschte András Schiff freilich noch sehr viel mehr: Denn nun begleitete er als der denkbar exklusivste „Bühnenmusiker“ das Salzburger Marionettentheater live bei seiner auf Debussys Zyklus basierenden Produktion „Die Spielzeugschachtel“.

Die Figuren – Puppe, Pulcinella, Soldat, Schäfer - hat Debussy einst zusammen mit seiner Tochter ausgesucht. Die Geschichte des als Kinderballett konzipierten Zyklus stammt von Maler und Kinderbuchillustrator André Hellé. Für Puppen, Bühne und Regie der „Spielzeugschachtel“, der tournee-tauglichen Reiseproduktion des Marionettentheaters, zeichnet Hinrich Horstkotte. Er hat einen besonders lüsternen dämonischen Pulcinella, geschaffen, einen zart gebauten, aber sehr tapferen Soldaten, eine besonders ätherische Puppe… Die Schlacht zwischen Erbsen-Gewehren und Erbsen-Kanone ist urkomisch. Die stapelbaren bemalten Würfel bergen viele Geheimnisse und ergeben, richtig positioniert, das Bühnenbild.

Die Sicht auf die Bühne im Großen Saal war nicht optimal, bei der „Spielzeugschachtel“ mit dem farbkräftigen Bühnenbild und den größeren Puppen jedoch besser, als bei den sehr kleinen und „bodennah“ geführten Puppen in „Papillons“. Spannend war es zu erleben, dass für eine einzige Ballett tanzende Puppe die sechs Hände dreier Puppenspieler gebraucht werden. Philippe Brunner und Eva Wiener führten den wilden Pulcinella, der sich beim Verneigen mit Andás Schiff dann aber ganz manierlich zu benehmen wusste. Für die Musik bleibt bei so viel – reizender – Ablenkung nicht viel Aufmerksamkeit übrig. Aber wenn András Schiff damit einverstanden ist, darf auch das Publikum einverstanden sein. Jubel für Soldat und Puppe, Pulicnella und András.

Bilder: Salzburger Marionettentheater (2); Salzburger Festspiele/Marco Borrelli

 

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