Geburts- und Tauftag

STICH-WORT

12/12/17 Wirklich große Ereignisse schicken immer schon Schatten voraus. Gefühlte fünf Mails mit dem Betreff „Stille Nacht“ kommen jeden Tag in Zeiten wie diesen daher. Was nächstes Jahr, wenn das Weihnachtslied 200 Jahre alt ist, los sein wird, wollen wir uns noch gar nicht ausmalen.

Von Reinhard Kriechbaum

Den 225. Geburts- und Tauftag von Joseph Mohr, dem Textdichter des „Stille Nacht“ gestern Montag (11.12.): Den hätten wir doch wirklich völlig aus den Augen verloren, gäbe es da nicht die Stille Nacht Gesellschaft und ihren rührigen Präsidenten Michael Neureiter. Mit einem Blumenbukett hat er sich an diesem denkwürdigen Tag beim bronzenen Taufbecken im Salzburger Dom eingestellt und das Bild den Zeitungen zukommen lassen.

Als kulturhistorisch interessierter Salzbürger könnte man nun fragen, ob eigentlich das Taufbecken selbst oder die hier aus der Taufe Gehobenen bedeutsamer sind. Wahrscheinlich doch letzteres. Dort ist nämlich auch Wolfgang Amadeus Mozarts Säuglingskopf mit Weihwasser erstbeträufelt worden, über dem in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts aus Bronze gegossenen Becken, das sechzehn Reliefdarstellungen von Heiligen, Bischöfen und Äbten von Salzburg zu finden, nämlich S. Rupertus, S. Virgilius, S. Martinus, S. Eberhardus, S. Hartwigus, S. Ditmarus, S. Vitalis, S. Augustinus, S. Valentinus, S. Ditmarus Martyr, S. Eberhardus, S. Johannes, S. Maximilianus und S. Amandus. Zwei Namen sind unleserlich. Wer hier das erste Sakrament verabreicht bekommt, der steht im katholischen Himmel ordentlich in der Pflicht. Da ist ein Weihnachtslied schon das Geringste, was man beitragen kann im irdischen Leben. Mozart tat's mit dem Laudate Dominum, der Spatzenmesse, der c-Moll-Messe, dem Requiem - lauter Sacro-Gassenhauer.

Wie also war das bei Joseph Mohr genau am 11. Dezember 1792? Damals wurde man nach der Geburt eilends getauft, weil erstens drängte die Zeit ob der enormen Säuglingssterblichkeit. Und zweitens wollte niemand mit einem kleinen Heiden unter einem Dach wohnen, das hätte Unglück bringen können. Taufen waren also nicht, wie heute üblich, von langer Hand geplante Familienfeste, und sie famnden jedenfalls ohne die Mutter statt, die ja noch im Wochenbett lag. Mit Mozart also eilte der Herr Papa in den Dom. Jener von Joseph Mohr war zwar namentlich bekannt (der Musketier Franz Mohr), aber das Kind war bekanntlich Frucht eines g'schlamperten Verhältnisses. Also wäre der Weg in die Kirche Sache des Taufpaten gewesen. Der war aber auch verhindert, und so übernahm die Angelegenheit eine gewisse Franziska Zach „anstatt des Joseph Wohlmuth, Scharfrichters“, wie der Eintrag im Taufbuch sagt. Johann Wimbacher, dem Titel nach „hochfürstlicher Stadtkaplan“, war der Taufpriester. Der Säugling war gerade vier Stunden alt.

Der Dom spielte im leben des Joseph Mohr dann noch einmal eine Rolle: Im März 1819, also wenige Monate nachdem das Lied „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ am Heiligen Abend 1818 in Oberndorf zum ersten Mal erklungen war, lud man den „Koadjutor zu Österreichisch-Laufen“ (also: Kaplan im heutigen Oberndorf) als Fastenprediger in die Kathedrale ein. „Joseph Mohr kann bei der Obrigkeit nicht so schlecht angeschrieben gewesen sein, wie aufgrund der Beschwerden seines Oberndorfer Chefs Georg Heinrich Nöstler gerne angenommen und geschrieben wird“, so Michael Neureiter.

Bilder: Stille Nacht Gesellschaft / Michael Neureiter