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Religion als Best-practice-Modell

STICH-WORT

07/03/13 Während die Kardinäle in Rom eher sinnieren, ob nicht die Zeit reif wäre für einen Papst aus der Dritten Welt – wenn schon kein Dunkelhäutiger, dann wenigstens ein Lateinamerikaner –, denkt der Salzburger Journalist und Theologe Josef Bruckmoser über ein Kirchenoberhaupt aus Nordamerika nach.

„Ein Papst aus Nordamerika täte der Kirche gut“, so Bruckmoser am Mittwoch (6.3.) bei der Präsentation des Buchs „Weltmacht oder Auslaufmodell – Religionen im 21. Jahrhundert“ in Wien. „Denn die katholische Kirche in Nordamerika ist geübt im Umgang mit einer Gesellschaft, in der sie keine Macht hat.“

Bruckmoser ist neben dem Publizisten Heiner Boberski Ko-Autor des neuen bei Tyrolia erschienenen Buchs. Da zeichnet Bruckmoser unter anderem die Vorteile des in Österreich und Deutschland praktizierten Partnerschaftsmodells zwischen Kirche und Staat nach, das auch die Muslime einschließt. Denn es ziele auf Integration in die moderne Rechtsordnung ab: "In dieser Linie ist es für den Staat und für die Wahrung der freiheitlichen Rechtsordnung besser, die religiöse Bildung und Ausbildung in das öffentliche Bildungssystem zu integrieren, anstatt sie privaten Koranschulen – oder dem Privatunterricht in der Sakristei – zu überlassen", heißt es.

Nachsatz Bruckmosers in der Diskussion jedoch, im Blick auf die anders gelaufene Entwicklung in Amerika: "Ich glaube, dass auch in Europa die Selbständigkeit der Bereiche größer werden wird und die Partnerschaft langfristig ein Auslaufmodell ist".

Religion existiere heute in Form von "Phänomenen unterschiedlicher Intensität", so Bruckmoser. Dies reiche vom Trend zur Absolvierung des Santiago-Pilgerwegs – ohne dass viele dieser Menschen tatsächlich die katholische Religion praktizierten – bis zu evangelikal-pfingstlichen Erweckungsbewegungen. Die Kirche würde gut tun, sich mit dieser Vielfalt auseinanderzusetzen.

Peter Menasse, der sich in der Diskussion als Atheist definierte, wies auf die Ungleichzeitigkeiten hin: In einem Stadtteil könne man islamistisch inspirierte Muslime mit der Mentalität des Inquisitionszeitalters ebenso begegnen wie jungen Menschen, denen gängige religiöse Bilder, Metaphern und Vorstellungen schon genauso fremd geworden sind wie einem durchschnittlichen Kirchenbesucher die Bilder des Mittelalters.

Heiner Boberski merkte dazu an, dass die Angst vor einem Religionsverlust in der Jugend in Europa von der Demographie her nicht gerechtfertigt sei. Denn die religiösen Familien in Europa hätten mehr Kinder, und diese blieben größtenteils auch später gläubig. Andere Jugendliche stießen dazu, weil sie merkten, "dass die Neuen Medien die Welt nicht erklären können".

Optimistisch geben sich Boberksi und Bruckmoser, was den Machtfaktor von Religion betrifft. "Ein Gottesstaat a la Iran hat genauso wenig eine Zukunft wie es das Heilige Römische Reich deutscher Nation gehabt hat", lautet eine ihrer Thesen. In der Diskussion konkretisierte Josef Bruckmoser: Die Zukunft werde ein Konkurrenzkampf um die bessere Positionierung sein; "die Frage wird die nach der 'Best praktice' sein, welches Modell sich durchsetzt".

Die Globalisierung erhöhe jedenfalls die Notwendigkeit des Dialogs. Bruckmoser sieht dabei "die Macht des Faktischen als Bremse vor neuen Religionskriegen". Boberski erinnerte an das Phänomen der "Verbuntung" der persönlichen Religiosität, wie es der Theologe Paul Zulehner analysiert habe.

Menasse wies auf den Druck zur "Regelveränderung" hin, vor dem die Religionen in multikulturellen Großstädten stünden. Verabsäumten sie die Veränderung, müssten sie die Abwanderung vieler Mitglieder in Kauf nehmen und Verkleinerung akzeptieren.

Fazit für die Autoren ist, dass die großen Religionsgemeinschaften weiterhin wichtig bleiben und auch weiter wachsen werden - das Christentum allerdings nur außerhalb Europas -, dass sie aber nicht mehr eine Weltmacht-Ideologie werden könnten. Sehr wohl würden Religionen zur individuellen Sinnstiftung weiter gebraucht. (Kathpress)

Heiner Boberski, Josef Bruckmoser: Weltmacht oder Auslaufmodell – Religionen im 21. Jahrhundert. Tyrolia, Innsbruck 2013. € 19,95 –  www.tyrolia.at

 

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