ab- und anbetteln

STICH-WORT

altVon Christina Repolust

18/03/13 Ich bettle, ich bettelte, du bettelst, du betteltest – kein leichtes Verb, das Betteln. Außerdem hören wir doch immer „sie betteln“ bzw. „die betteln“, die anderen also, nicht ich und du und wir und ihr.

Er schon, er ist ja nicht von hier und hat dunkle Haut. Als Kinder haben wir unsere Eltern um Geld für den Kirtag angebettelt: „Nur einmal noch!“ Und dann noch ein weiteres Mal. Wer in der Kirche mit dem Klingelbeutel kommt, „gelt’s Gott“, gehört zum System und bettelt nicht. Da gibt man was, als Kind wirft man Münzen rein und als Erwachsener dann einen Geldschein, der macht einen doch gleich viel seriöser.

Ja, der Unterschied ist, ob du Münzen hast oder Geldscheine. Als Kinder kannten wir „Geld“ wohl nur als Münzen und als Sparbuch, von der Oma. In den Pausen haben wir einander die Brote „abgebettelt“, die gab es damals noch von daheim mit, in Butterbrotpapier. Ich habe immer Salamibrot – das hatte ich – gegen Senfbrot – hatte Waltraud – getauscht. „Einmal nur abbeißen“, so haben wir einander die Brote abgebettelt.

Wer auf der Straße stand und „bitte“ sagte, bekam etwas, Münzen in den Hut, Pappbecher habe ich damals keine gesehen. „Starr nicht so hin, leg das Geld in den Hut und komm weiter!“ So hat mir das meine sudetendeutsche Oma beigebracht, die andere, die aus Schlesien geflüchtete, gab mir immer ein bisschen mehr Geld für diese Hüte, in die man das Geld warf, aber die Menschen hinter den Hüten nicht anschauen sollte. Weil die sich sonst schämen müssten. Aha, dann schaute ich halt nicht ganz so direkt. Das war nicht im Mittelalter, das war auch nicht in der guten alten Zeit. Das war nur damals, als meine Omas noch wussten, wie Hunger nagen und Kälte beißen kann, wie einen Scham erröten lässt, stärker innerlich als äußerlich.

Ja, ich hatte eine tolle Oma-Bande! Oder was genau ist jetzt eine Bande, mehr als eine Oma?