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Märchenschloss statt Zahlenkolonnen

STICH-WORT

24/07/13 Es gibt legendäre Baukästen, mit deren Erzeugernamen man augenblicklich Art und Material der Steine assoziiert: Das gilt für den Matador mit seinen Holzklötzchen und Steckverbindungen ebenso wie für die Lego-Plastiksteine mit ihrem Druckknopf-System. Ein archaischer Vorgänger mit Charisma: Der Anker-Steinbaukasten.

098Im Spielzeugmuseum Salzburg ist derzeit gerade ein Mann mit der Konstruktion eines Schlosses, aus Anker-Steinen beschäftigt, den man nicht als Architekten kennt – und auch nicht als notorischen Spieler.  Univ.-Prof. Gerhart Bruckmann ist dem Fernsehpublikum von unzähligen Wahlabenden als TV-„Hochrechner“ bekannt. In diesen Tagen sind aber nicht Bruckmanns Rechenkünste gefragt, sondern sein Gespür für Statik en miniature.  Seine Anker-Steinbaukastensammlung ist eine der größten in Österreich.  Gemeinsam mit seiner Frau lässt er im Spielzeugmuseum in diesen Tagen ein Fantasieschloss entstehen.

Im Ausstellungsraum mit Objekten „Aus der Sammlung“ des Spielzeugmuseums werden zur Zeit historische Baukästen aus den verschiedenen Epochen und Materialen gezeigt – wie beispielsweise die Steinbaukästen der Firma Anker.

097Seit drei Tagen sind Hilde und Gerhart Bruckmann und seine Frau schon in Salzburg am Werk: „Man wählt einen bestimmten Baukasten aus – in diesem Fall einen sogenannten 34er –, sucht sich aus den dazugehörigen Vorlagen ein Bauwerk aus, sortiert die Steine nach ihrer Nummerierung und legt los.“ Das klingt einfach, ist es aber nicht. Denn zu jedem Bauwerk – wie auch zum Fantasieschloss, von dem in der Vitrine bereits die ersten Schichten zu sehen sind, gibt es von jeder Ebene einen eigenen Plan. Damit man weiß, welche Steine in der nächsten Lage platziert werden müssen. So entsteht Lage für Lage, Schicht für Schicht das Märchenschloss. Das verlangt nicht nur Kombinationsgabe und sorgfältiges Planlesen, sondern vor allem auch Fingerspitzengefühl und Genauigkeit.

Die Geschichte als Anker-Sammler begann für Bruckmann bereits im Alter von vier Jahren, als es im Krieg für seinen zweijährigen Bruder und ihn nur ein paar ererbte Anker-Baukästen als Spielzeug gab. So begannen die beiden Brüder zu bauen und bald aufgrund mangelnder Vorlagen, selbst Gebäude zu entwerfen. Der Bruder wurde später Architekt, Gerhart Bruckmann wurde Professor für Statistik an der Uni Wien und war lange Zeit als „Hochrechner der Nation“ im Rahmen der Wahlberichterstattung für den ORF tätig.

Durch einen Zufall, so erzählt er, erwarb er mit rund 40 Jahren – nicht zuletzt eingedenk der vielen Stunden, die er mit seinem Bruder mit großer Begeisterung mit den Steinen verbracht hatte, – weitere Kästen. Vor 30 Jahren wurde Bruckmann durch den Kauf einer rund 50.000 Stück umfassenden Sammlung mit einem Schlag zu einem der größten Anker-Sammler Österreichs. Im Stadtmuseum Traiskirchen konnte der passionierte Sammler seine Leidenschaft bereits im Rahmen einer 300 m² großen Anker-Ausstellung ausleben.

Anker-Bausteine gelten als eines der ersten Systemspielzeuge. Ideen des deutschen Pädagogen Friedrich Fröbel standen Pate. Die Brüder Lilienthal, eigentlich als Flugpioniere in die geschichte eingegangen, haben die Bausteine 1875 erdacht: Die Bausteine werden aus Quarzsand, Schlämmkreide und Leinöl gepresst und gebacken. In drei Farben werden sie gemacht, in den Farben rot, gelb und blau. Sie entsprechen den  Baumaterialien Ziegelstein, Sandstein und Schiefer (Dach). Über 400 verschiedene Anker Steinbaukästen wurden seit der Gründung der Firma im Jahr 1882 im deutschen Rudolstadt hergestellt. In DDR-Zeiten wurde die Firma zu einem „volkseigenen Betrieb“, im Jahr 1963 wurde die Produktion eingestellt, doch seit Jahr 1995 werden die beliebten Steine wieder durch die Anker Steinbaukasten GmbH wieder hergestellt.

Am kommenden Dienstag (30. Juli) soll Bruckmanns Schloss im Spielzeugmuseum fertig sein - www.salzburgmuseum.at
Information über Anker-Steinbaukästen:  www.ankerstein.de
Bild: Spielzeugmuseum (2); www.ankerstein.de (1) 

 

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