Minkowski, der Pferdeflüsterer

STICH-WORT

27/04/15 Spätestens in der vergangenen Mozartwoche wurde einem weiten Publikumskreis bewusst, dass der Dirigent und musikalische Originaltöner Marc Minkowski auch ein Pferdeflüsterer ist. Für Mozarts „Davide Penitente“ in der Felsenreitschule hatte Minkowski Bartabas und dessen berittene Compagnie „Académie équestre de Versailles“ eingeladen.

Also Marc Minkowski, der Pferdenarr. Im Vorjahr war er im Turmhofgut von Michael Aigner in Michaelbeuern zu Besuch – und verschaute sich in den Rapp-Hengst „Big John“. Ein paar Besuche und Probereiten später – auch die Reiterinnen und Reiter der Académie équestre de Versailles zeigten sich angetan von Charme, Kraft und dem angenehmen Wesen des Hengstes – war heuer im Februar die Sache klar: „Big John“ wechselte den Besitzer und ist fortan Franzose. Kürzlich hat der Rappe seine Reise in das neue Zuhause auf der Ile de Ré (Charentes Maritimes), dem Feriendomizil von Marc Minkowski, angetreten.

Wie es überhaupt zu dem Kontakt mit Minkowski gekommennist? Maryse Dullnig hatte im Jahr 2002 ihre Stute „Cascabel“ aus der Zucht von Gouello-Minkowski gekauft. Als 2014 erstmals Marc Minkowskis Produktion von „Davide Penitente“ bei der Mozartwoche angekündigt worden war, stellte Genevieve Geffray ehemalige Leiterin der Bibliotheca Mozartiana der Stiftung Mozarteum den Kontakt zwischen Minkowski und der gebürtigen Französin her.

„Pferdemenschen sind unkompliziert“ heißt es in einer Presseaussendung zum Thema. „Trotz anstrengender Probenarbeit mit den Wiener Philharmonikern ließ Minkowski es sich nicht nehmen, sich sofort bei Dullnig zu melden. Schon beim ersten Treffen entstand eine persönliche Freundschaft: Man hatte doch allzu viele gemeinsame Freunde in der französischen Pferdeszene und gleich genügend Gesprächsstoff.“

Minkowski bäckt pferdemäßig keine kleinen Brötchen (pardon, sollte es unstatthaft sein, Semmeln mit Pferdeäpfeln zu multiplizieren). Jedenfalls hat der Musiker eine Vorliebe für die englischen Shire Horses hat. Das Shire gilt als die größte Pferderasse der Welt: Hengste bringen bei einem Stockmaß von durchschnittlich 1,78 bis zu 1.200kg auf die Waage. Die „sanften Riesen“ gelten als nervenstark und lernfähig. Eigentlich als Ritterpferd gezüchtet, wurden sie dann vor allem als Zugtier in der Landwirtschaft, dem Transportgewerbe und in Brauereien eingesetzt. Auch die Londoner Straßenbahn griff Anfang des 20. Jahrhunderts noch auf diese bemerkenswerten Tiere zurück.

Vielleicht ist „Big John“ ein erster Schritt auf Mark Minkowskis Weg, seine beiden Leidenschaften Musik und Pferde miteinander zu verbinden. Der große Wunschtraum des Dirigenten ist die Gründung einer eigenen Compagnie, die sich nur der Musik und den Pferden verschreibt.

„Big John“ soll jedenfalls, wie man hört, im Verlauf dieses Jahres nach Versailles übersiedeln und unter die Fittiche von Bartabas und den ReiterInnen der Académie équestre de Versailles kommen. Vielleicht kann man den gelehrigen Hengst bald in den Aufführungen von Bartabas Truppe „Zingaro“ bewundern? Wer weiß, Bartabas hat sich bereits sehr interessiert gezeigt. Außerdem erwägt Minkowski, noch weitere Shires aus dem Salzburger Flachgau anzukaufen. (PR Maryse Dullnig)

Bilder: Gabriele Krisch