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Die Unbelehrbaren

FEUILLETON

Von Werner Thuswaldner

31/08/16 Vom 1. Mai bis 22. August sind in Salzburg 16 Bergsteiger und -innen umgekommen. Eine erschreckende Zahl! Es muss wohl ein kaum zu ergründender Drang sein, der die Bergsteiger und -innen in die Höhe treibt. Sie selbst drücken es so aus: „Aufi muaß i!“

Reinhold Messners Leben war und ist total von diesem Drang bestimmt. Oben angekommen, sprechen die Bergsteiger und -innen davon, dass sie den Berg besiegt hätten. Ja, der Gipfelsieg muss errungen werden. Vermutlich ist der Berg für sie ein mythisches Wesen, das tollkühn zu einer Art Zweikampf herausgefordert wird. Der Berg will aber in Ruhe gelassen werden. Wenn die Bergsteiger und -innen zu dreist werden, zuckt er kurz mit seiner Oberfläche wie eine Kuh mit der Haut, um lästige Fliegen und Blutsauger zu vertreiben, und schon sausen ein paar Bergsteiger und -innen in die Tiefe. Der Berg hat wieder das eine oder andere Opfer gefordert, heißt es dann. Offenbar muss ihm geopfert werden, wie eben einem mythischen Wesen. Es müssen, wie es scheint, nicht unbedingt Jungfrauen sein.

Bei Messner ist es doch anders: Er hat den Zwang, die Sucht, hinaufzusteigen, zum Beruf erklärt und kann davon vorläufig gut leben.

Meine persönliche Deutung dieses „Aufi muaß i“ ist eine andere. Nein, es ist bloß eine Vermutung: In grauer Vorzeit war es freilich äußerst mühsam, sich im Alpenland zu bewegen, weil sich einem die Berge in den Weg stellten. Aber inzwischen ist ja viel passiert. Den Verantwortlichen kann wahrlich nicht Untätigkeit vorgeworfen werden. Ingenieure und Arbeiter haben sich die größte Mühe gegeben und eine Menge Steuergeld wurde aufgeboten, um unzählige Löcher in die Berge zu bohren. Bequeme Straßen führen hindurch. Niemand ist mehr auf Klettersteige und schon gar nicht auf Haken und Ösen angewiesen.

Aber die Bergsteiger und -innen nehmen die neuen Errungenschaften als Verächter und -innen der Zivilisation nicht zur Kenntnis. Sie wischen die vielen Beweise, dass der Fortbewegungs-Luxus wirklich existiert, einfach vom Tisch, packen das Seil ein und schnüren den Rucksack. Niemand richtet gegen ihre Sturheit etwas aus. Was dabei herauskommt, ist täglich in der Zeitung zu lesen.

 

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