asdf
 

Zeitgeist und Kunst-Geist

KOMMENTAR

altVon Reinhard Kriechbaum

04/02/11 Von Reinhard Kriechbaum - Kunst am Bau fristet ein durchaus gefährdetes Dasein, wie nicht erst die jüngst aufgeflammte Diskussion um eine Wandmalerei von Karl Weiser - deren "Trägerbau" inzwischen doch abgerissen worden ist - zeigt. Aber wie man auch steht zum Bewahren und zum Denkmalschützen: Manchmal dürfte man die Kirche tatsächlich ruhig im Dorf lassen.

Gut, dass es „Kunst am Bau“ gibt. Öffentliche Bauträger waren über Jahre und Jahrzehnte verpflichtet, ein paar Brosamen aus den Baubudgets, die im Regelfall aus Steuermitteln gespeist wurden und werden, der künstlerischen Ausgestaltung zu widmen. Erst vor kurzem wurden neue Richtlinien erstellt und ein allgemeiner Geld-Pott des Landes eingerichtet, aus dem jetzt Kunstwerke nach seriösem Jury-Entscheid realisiert und vor allem auch weitergepflegt werden sollen. Das könnte funktionieren. Unsere Eindrücke von einem Rundgang mit der zuständigen Kunst-Sachverständigen beim Land, Dietgard Grimmer, konnte man im Vorjahr im DrehPuntKultur nachlesen.

Nicht erst in letzter Zeit sind unter dem Signum „Kunst am Bau“ gelegentlich respektable Kunstwerke im öffentlichen und im semi-öffentlichen Raum entstanden. Gerade „Kunst am Bau“ führt uns aber auch – oft recht brutal! - vor, dass nicht allerbeste Kunst recht schnell alt aussieht. Nicht nur, weil sie Verwitterungsspuren bekommt, sondern weil die Zeit den Zeitgeist vehement hinwegfegt.

Gerade auf dem Spitals-Areal, wo es eben jetzt einem Wandgemälde von Karl Weiser an den Kragen ging, hat sich im Lauf von Jahrzehnten Kunst sonder Zahl angesammelt. Sind es dreißig, vierzig oder fünfzig Objekte? Niemand könnte das genau sagen. Das Wort Krempel verbietet sich angesichts der jüngsten FPÖ-Kampagne gegen die Werke der Salzburg Foundation. Aber man braucht nur mal spazieren zu gehen in der Grünanlage vor der St. Johannes-Spitalskirche, die Schritte auf die Wiese südwestseitig lenken oder den einen oder anderen Gebäudekomplex umrunden. Auch die Fassaden, die Eingangsbereiche und Klinik-Gänge sind nach und nach mit Kunstwerken gefüllt worden. So manch freskiertes, gemaltes oder in Stein gehauenes Halbseidenes ist dabei. Der Eklektizismus feierte immer wieder fröhliche Urständ' und ein durch und durch provinzielles Kunstverständnis hat in Jahrzehnten eine ziemlich starke Duftnote hinterlassen.

Karl Weisers „Barmherziger Samariter“ gehörte durchaus in dieses Konglomerat von anfechtbarem, geschmäcklerischem Kunst-Dekor. Auch wenn nach dem Künstler ein Malerei-Preis des Landes benannt ist, muss es wohl erlaubt sein, den Kunst-Wert gegenüber allfälligem Erhaltungswert abzugleichen.

Unsere Zeit ist eine, die mit Kunst extrem und manchmal geradezu übertrieben skrupulös umgeht. Im Gegensatz zu Innovativem, das politisch und von Volkes Stimme mit schöner Regelmäßigkeit zerzaust wird, gilt alles Ältere, dem auch nur ein Hauch von Kunst-Touch anhaftet, rasch als unangreifbar. Erzbischof Wolf-Dietrich hat nicht lange geflunkert und den romanischen Dom durch einen solchen im Barockstil ersetzen lassen. Auch nicht schlecht, aus vier Jahrhunderten Distanz heraus betrachtet.

Im übrigen ist Weisers „Barmherziger Samariter“ kein Einzelfall. In der Wohnsiedlung Rottweg/Keltenweg in Liefering verschwindet seit Jahren - eines ums andere - das Werk eines Freskenzyklus von Lukas Suppin unter wärmedämmenden, vom Land entsprechend geförderten Mauerverkleidungen. Bisher war der DrehPunktKultur der einzige Hahn weit und breit, der danach gekräht hat. Ohne Erfolg, denn Energiesparen geht allemal vor Kunst.

Zur DrehPunktKultur-Reportageserie über „Kunst am Bau“'
Zum Kommentar Fünf kleine Negerlein
Von Kunst beinah umzingelt

Auffällig unauffällig
Fast ein öffentliches Kunstmuseum

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014