Lesen und Schreiben (1)

STICH-WORT

20/06/12 Univ.-Prof. Ferdinand Eder, Leiter des Fachbereichs Erziehungswissenschaft der Universität Salzburg, wollte es genau wissen und hat mit anderen Kolleginnen und Kollegen die PISA-Studie einer Prüfung unterzogen. Fazit: Es ist so, wie in PISA 2009 festgeschrieben. Österreichs  Kinder werden im Lesen und im Schreiben tatsächlich kontinuierlich schlechter.

In Mathematik und in den Naturwissenschaften ebenfalls, aber wir wollen hier das Lesen und Schreiben ein wenig genauer anschauen.

Das Mobiltelefon ist für viele Jugendliche das wichtigste Buchstaben-Werkzeug, und diese Verbreitung digitaler Medien führt zu grundlegenden Veränderungen von Texten und damit verbunden des Lesens und Schreibens selbst. Zwar werden die „konventionell-papiergebundenen Lesemedien“ heutzutage in vergleichbarem Ausmaß genutzt wie im Jahr 2000, der Anteil der Jugendlichen, die das Buchlesen sehr intensiv in ihren Alltag integrieren, sei allerdings kleiner geworden, haben die Studienautoren herausgebracht.

Bei der Frage nach dem Stellenwert, den die 15-/16-Jährigen verschiedenen Lesemedien in ihrem Alltag geben, zeige sich eine Dreiteilung zwischen einem sehr pragmatischen, auf Sach- und Alltagstexte ausgerichteten Leseprofil (46%), einem eher belletristisch orientierten, sehr vielfältigen Lesealltag (38%) und einem klar distanzierten Leseverhalten (ca. 17%). Jugendliche mit einem distanzierten Leseprofil schreiben auch selten. Laut Studie verfassen 29 Prozent am ehesten kurze und kürzeste Texte wie SMS und E-Mails.

Worauf die Studienautoren dezidiert hinweisen: Die an digitale Medien gebundenen neuen Formen von Lese- und Schreibfähigkeit würden von der Schule noch nicht wirklich aufgegriffen. Das zeigten Analysen zum Deutschunterricht, dem Lesen als Trägerfach in der Hauptsache zugeordnet wird. Dort dominierten „stark papiergebundene und traditionelle Textformen“: auf der einen Seite belletristische Lektüre, auf der anderen Seite Sachtexte. Der Umgang mit letzteren spiele in der Schule nur eine relativ geringe Rolle und fungiert häufig als Angebot für die leseschwächeren Schülerinnen und Schüler. Die Lesedidaktik, so Univ.-Prof. Ferdinand Eder und seine Mit-Forscher, sollte generell forciert werden und nicht aufs Fach Deutsch beschränkt bleiben. Das Sachtext-Lesen müsste Sache aller Fächer werden.

Aus den einschlägigen Analysen lasse sich laut Eder ableiten, dass man im Deutschunterricht digitaler Textformen stärker berücksichtigen solle. So würde das durch die neue Medien fundamental veränderte literale Verhalten von jungen Menschen entsprechend einbezogen.

Das Wort „Kultur“ scheint für die Jugendlich ein ziemlich enger Begriff zu sein. Die im PISA-Kontext erstmals analysierte Wahrnehmung und Nutzung kultureller Angebote durch Jugendliche liefert Hinweise, dass die Jugendlichen mit dem Begriff Kunst bzw. Kultur Aspekte verbinden, die eher dem klassischen Begriff von „Hochkultur“ entsprechen. Ihr eigenes kulturelles Alltagsleben subsumieren sie eher nicht unter diesen Begriff. Für eine Teilnahme an der „Hochkultur“ bringen nur wenige Interesse auf. Und nach wie vor bestimmt das Bildungsniveau der Eltern das kulturelle Freizeitverhalten der Jugendlichen ganz wesentlich mit.

Zumindest im Lesen und teilweise auch in den anderen Unterrichtsbereichen habe man einen kontinuierlichen Rückgang der Leistungen feststellen müssen, bilanziert Univ.-Prof. Ferdinand Eder die vertiefenden PISA-Studien. Das bedeute nicht zuletzt, dass die in der Zwischenzeit (seit dem Jahr 2000) ergriffenen Fördermaßnahmen „keinen nennenswerten Effekt hatten“. Dem entspreche auch die Beobachtung, dass die Zahl von Schülerinnen und Schülern in den unteren Kompetenzstufen zunehme, wogegen die Anzahl der „Spitzenschüler“ etwa gleich bleibe. Also kurz gesagt: Die schlechten Schüler werden mehr und noch schlechter. (Universität Salzburg)
(Wird fortgesetzt)

Zum zweiten Teil des Berichts