Von der Unumbringbarkeit unseligen Undenkens

GASTKOMMENTAR

Von Christoph Janacs

30/11/12 Mit den Hymnen ist es so eine Sache: Meist strotzen sie von Gemeinplätzen, manche geben sich martialisch, andere rührselig, im Regelfall sind ihre Inhalte austauschbar, weil überall stets die aufrechtesten und mutigsten Menschen inmitten der schönsten Landschaft mit der größten Vergangenheit leben. Im Grunde könnte man sie abschaffen und vergessen, gäbe es nicht ein paar Übereifrige, die die Texte gendermäßig überprüfen und verändert wissen wollen oder deren runde Geburtstage feiern zu müssen glauben. So kürzlich geschehen, als man im Linzer Landhaus einen Festakt „60 Jahre Landeshymne“ abhielt.

So weit, so unbedeutend, stammten vom Verfasser der oberösterreichischen Landeshymne nicht auch Zeilen wie folgende: “Kein Volk der Erde hat nach seinem politischen Ableben mit einer solchen Zähigkeit, ja völligen Unumbringbarkeit fortgedauert, wie der Jude.” Und in diesem Tonfall geht es nach der Klage um das Verschwinden so großer Kulturen wie jener der Ägypter, Griechen und Römer fröhlich weiter: „Der Jude, der so Großes nie gethan – etwa weil er es nicht gethan hat? – besteht. Besteht in zahlloser Menge und mit unberechenbarem Einfluß auf die Geschicke der Völker... In alle Welt zerstreut, schlingt er sich, bald dünner, bald breiter, immer aber in innigstem Zusammenhang in fast unerforschlichen Windungen und Krümmungen, ein Riesenbandwurm, um die Ernährungsorgane eines jeden kultivirten Staatskörpers. Und wie oft man ihn auch abzutreiben versucht hat, man gewann, nicht so glücklich wie beim kleinen im menschlichen Körper, bis jetzt stets nur größere oder kürzere Stücke, nie aber den Kopf selbst...“

Die Rede ist von Franz Stelzhamer, der 1852 in seinem „Bunten Buch“ antisemitische Töne anschlug, die weit über das damals nicht unübliche Maß hinausgingen. Nun könnte man meinen, das sei Sache unserer nördlichen Nachbarn, mit diesem Ungeist fertig zu werden, hätte sich Stelzhamer nicht auch im Salzburgischen umgetrieben und in Henndorf niedergelassen, wo er 1874 begraben wurde. Und hätte das Bertl Göttl nicht zum Anlass genommen, dieser Tage in einem Artikel in den SN auf den großen Poeten“ hinzuweisen, „eine über die heimatlichen Grenzen hinaus bekannte Dichterpersönlichkeit“, die ein „freiheitsliebendes Innviertler Blut“ nirgendwo lange verweilen habe lassen: Gleichzeitig machte er Werbung für seine auf Servus TV laufende „Hoagascht“-Sendung, in der er der „echte(n), tiefe(n) Künstlernatur“ huldigen werde.

Kein Wort der Kritik, kein noch so kleiner Hinweis auf die antisemitischen Ausritte Stelzhamers. Dass die VertreterInnen der Volkskultur – und noch mehr der sogenannten volkstümlichen Unterhaltungsbranche – sich sehr häufig unpolitisch gerieren und blauäugig – nicht selten auch auf einem Auge blind – die Wirklichkeit betrachten, ist eine traurige Tatsache und wird von Bertl Göttl wieder einmal anschaulich unter Beweis gestellt.

Weiterhin unantastbar bleibt Franz Stelzhamer, der Säulenheilige seiner Heilen Welt...