Peperl Grillo, die Kultur und die Schneekanonen

KOMMENTAR

altVon Reinhard Kriechbaum

03/03/13 Endlich ist’s heraußen. Die repräsentative Fülle der Leser des großformatigsten Printmediums im Lande kann nicht irren: Eine „soziale, menschliche Politik“ ist das Gebot der Stunde. 73 Prozent haben in einer von den SN am Samstag (2.3.) im Kleinformat veröffentlichten großen Studie eben diesen Punkt als „besonders wichtig“ angekreuzt, und weitere 24 Prozent halten diesen Aspekt für „auch wichtig“. Also 93 Prozent in Summe. Die asozialen, unmenschlichen Politiker, denen wir – völlig verblendet  - als dummdreistes Stimmvieh blökend gefolgt sind, können jetzt zusammenpacken.

Wie sieht es am unteren Ende der politischen Prioritätenliste aus? Dort liefern sich die Kultur, der Sport und die „Gemeindeangelegenheiten“ ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Kulturförderung, das Flottmachen der Müllabfuhr oder eine sinnvolle Sportpolitik (die womöglich Gesundheitsausgaben senken helfen würde) – das rangiert für viele Leute unter purer Luxus.

Wo sollte, nach dieser Umfrage, die Politik tunlichst mehr Geld einsetzen? Da ist der Wintersport der gefährlichste Konkurrent der Kultur. Noch mehr Cash für Hochkultur, Theater und Festspiele? Nur sieben Prozent sind dafür. Da steht noch die „Förderung regionaler/alternativer Kultureinrichtungen“ mit acht Prozent besser da. Allerdings ist der Verdacht nicht ganz abwegig,  dass Volkes Blick  da eher die Schuhplattlervereine und Schützen trifft als freie Theatergruppen und dergleichen rand-kulturelles Gelichter. Aber die Schneekanonen sind mit vier Prozent wenigstens deutlich abgeschlagen.

Nicht, dass ein solches Ergebnis gar so sehr erstaunt. Höchstens wundert man sich, wo die unglaublich vielen Besucher bei Kultur- und Sportveranstaltungen herkommen, wo doch gerade diese beiden Bereiche als so völlig unwichtig eingestuft werden, wenn man explizit danach fragt. Vielleicht brauchte es noch eine weitere halbe Drehung an der Denkschraube. Aber der Schraubenzieher gehört eben nicht zum Handwerkszeug der Meinungsforscher.

Man könnte das Ergebnis als „erwartungsgemäß“ abhaken, wäre nicht in der gleichen Zeitungsausgabe ein Leitartikel, in dem die Leitlinien künftiger Berichterstattung angekündigt werden. Das „Salzburger Bürgerprogramm“ werde die Richtschnur abgeben, heißt es da allen Ernstes. „In breit angelegten Umfragen und vor allem im direkten Kontakt erheben wir die Themen, die unter den Nägeln brennen.“ Also Volkes Stimme und nicht – oh garstige Vorstellung! – „die Presseaussendungen der Parteien“. Letzteres allein wäre eh nicht so toll, da sind wir accord mit dem journalistischen Wortführer aller Bürger-Bewegten im Lande.

Der Salzburger Peperl Grillo wird seiner Meinung Luft machen dürfen, und das Journalistische Leitmedium im Lande wird dem demoskopischen Denk-Querschnitt nicht nur Raum geben, sondern gleich seine Maßstäbe daran ausrichten. Eine gefährliche Drohung, eine Kampfansage eigentlich wider den Geist.

Kein Salzburger Politiker nach der ersten „breit angelegten“ Umfrage und der vollmundigen Ankündigung des Dem-Volk-nach-dem-Maul-Schreiben in den Wochen bis zur Wahl auch nur einen Seitengedanken an die Kultur zu verschwenden. Das ist ein Freibrief, für den die Politik der Zeitung unendlich dankbar sein muss. Wenigstens eine Nebenfront, an der man sich nicht zu exponieren braucht.