Ihre Welt sind die Berge

GLOSSE

wthVon Werner Thuswaldner

22/11/13 Der Berg ruft. Wen ruft er denn? Den Ruf vernimmt nur ein Kreis von Auserwählten. Er ruft zum Kampf. Wer glaubt, die Berge stehen ganz friedlich in der Gegend herum, der irrt. Sie sind kampfeslustig. Zum Zeichen dafür schicken sie gelegentlich eine Steinlawine zu Tal. Einige spucken sogar Feuer und Schwefel, weil sie durch Kanäle direkt mit der Hölle verbunden sind. Die Besten unter den Auserwählten nehmen die Herausforderung an und bezwingen den Berg. Er muss sich geschlagen geben. Beim Sonnenuntergang ist zu beobachten wie er errötet.

Manchmal ist auch der Berg Sieger, wie auf den Marterln da und dort zu lesen ist. Man spricht vom „Gipfelsieg“. Damit möglichst viele von diesem Kampf erfahren, sollte tunlichst eine Filmkamera dabei sein. Die Sieger, die Kletterer und Bergsteiger, können damit rechnen, gebührend bewundert zu werden. Umso mehr, wenn sie auf mitgebrachten Sauerstoff verzichten oder ein Stück des Wegs auf Händen zurücklegen. Zu erkennen sind sie daran, dass ihnen der eine oder andere Zeh abgefroren ist oder der eine oder andere Finger fehlt.

Es könnte aber ganz anders sein. Die Bergsteiger und Kletterer weigern sich zur Kenntnis zu nehmen, dass die Verhältnisse nicht mehr so sind wie vor etlichen tausend Jahren. Damals stellten sich die Berge all jenen in den Weg, die ihren Aktionskreis ein wenig erweitern und wissen wollten, wie die Welt jenseits der großartigen Erhebungen aussieht. Einige wagten unter Einsatz ihres Lebens das Übersteigen der Berge, die tatsächlich wie Gegner ausgesehen haben mögen.

Diesem Urtrieb folgen die Kletterer und Bergsteiger unbeirrt heute noch und wollen dabei nicht mit dem Argument belästigt werden, dass inzwischen für teures Steuergeld die wunderbarsten Erschließungswege, Straßen, Brücken und Tunnel gebaut worden sind.

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