Nicht die Spur von Weihrauchwölkchen

KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

20/11/15 Hat eigentlich jemand erwartet, dass nach dem Wegziehen des grauen Nebels, in dem „Salzburg 20.16“ eingerichtet worden und der Geschäftsführer bestellt worden ist, Weihrauchwölkchen aufsteigen werden? Trotzdem tut es gut zu hören, was Wilfried Haslauer heute Freitag (20.11.) versicherte: „Es ist nicht die Absicht, Weihrauch aufsteigen zu lassen.“

Weiteres aus dem Tresor zitierfähiger Landeshauptmann-Sätze: Es bedürfe eines Plans – eben „Salzburg 20.16“ - um „nicht einfach in die Zukunft hinein zu stolpern“. Es sei „mentale und emotionale Verfasstheit“ vonnöten, um aus der Jammerei des Alltags heraus zu treten. Und „gerade jetzt“ müsse Platz sein, um eben mit einem Festjahr das Selbstbild zu festigen, in Form „intensiver Beschäftigung mit uns, dafür muss Zeit sein“. Geld auch, aber davon später.

Blättert man das Konvolut von Vorhaben durch, das nun auf dem Tisch liegt und online per Internet auf dem Bildschirm aufscheint, dann sieht die Sache ein wenig nüchterner aus. Was da zusammengeschrieben ist, sind zu gefühlten 99 Prozent Dinge, die sowieso jedes Jahr stattfinden. Regionalmuseen machen im Sommer Ausstellungen, in den Kirchen wird Musik aus der Salzburger Tradition gespielt, die Stiftung Mozarteum macht „Dialoge“, es gibt einen Musikantentag im Freilichtmuseum und Paul-Hofhaimer-Tage werden auch wieder veranstaltet, ebenso wie das Literaturfest oder die Anton Wallnerfeier der Schützen.

Kraut und Rüben sind da beieinander, aber eben, weil all das nicht neu ist, wissen wir längst: Der Salzburger Magen verkraftet all das sehr gut. A propos Kraut und Rüben: Auf die Festspiel-Produktion von Thomas Bernhards „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ die Etikette „Salzburg 20.16“ zu kleben, läuft eher unter Chuzpe.

Im Grunde bestätigt all das etwas, was wir ohnedies wissen: Es ist unglaublich viel los bei uns, in der Stadt und im Land, und vieles davon ist sehr gut. Vom Meisten kann man sagen: Es ist wichtig, dass es stattfindet. Dass viele Programme insgesamt im Jahr 2016 einen Drall Richtung Landes-Jubiläum bekommen, ist auch gut und richtig. Aber hat man dafür wirklich eine eigene GmbH gründen müssen?

Sicherlich wird letztlich auf der Haben-Seite zu verbuchen sein, dass der Bund vier Millionen Euro springen lässt. Im Jubiläumsjahr fließt also in Form von Projektförderung im Rahmen von „Salzburg 20.16“ kleineren und mittelgroßen Veranstaltern (auch) Bundesgeld zu, von dem die meisten sonst vergeblich träumen. Die vom Land finanzierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von „Salzburg 20.16“ haben jetzt das Angebot mal durchgeackert und zusammengeschrieben. Vielleicht schafft das bei den politischen Entscheidungsträgern die „mentale und emotionale Verfasstheit“, das Kulturbudget weiter anzuheben. Womöglich sogar für die freie Kultur? Das läuft jetzt freilich unter Tagträumerei.

Es gebe „natürlich eine gewisse Kulturlastigkeit“, sagte der Landeshauptmann bei der Programmpräsentation der, wie im Pressemateral einmal so schön steht, „200 Ereignisse“. Der Unterton klang nach Entschuldigung. Es seien eh Aspekte wie „Kultur des Nachdenkens“ und „Lebenskultur“ mit gemeint. Nachdenken und Leben kommen sonst in der Kultur bekanntlich kaum vor.

Zum DrehPunktKultur-Bericht Erste Blicke aufs Programm im Jubiläumsjahr