Chuzpe

GLOSSE

Von Werner Thuswaldner

27/11/15 Ein Seufzer der Erleichterung ist jüngst durchs Land – was heißt durchs Land, durch den Kontinent, durch die Welt gegangen. Im Fernsehen war deutlich zu sehen, wie jemand ein kurzes Stück durchlöchertes Rohr in die Höhe hielt. Ein Fetisch?

Nach Zauberei sah es wirklich aus. Aus dem begleitenden Text ging hervor, dass mit diesem Stück perforiertem Rohr die Probleme aus der Welt geschafft würden. Es müsse nur noch ein wenig Software-Änderung dazukommen und dann, ratz, fatz, werde alles wieder im Lot sein.

Nun ist zu erwarten, dass der angebliche VW-Skandal, die Vorwürfe großangelegter Gaunerei des Konzerns, sich im Handumdrehen in Luft auflösen und der glänzende Ruf deutscher Ingenieurskunst wiederhergestellt sein wird. Denn die Abgaswerte werden sich in Millionen Autos dank des wunderbaren Stücks Rohr drastisch vermindern. Die genialen deutschen Ingenieure haben es in den paar zurückliegenden Wochen schnell erfunden. Oder bloß aus der Schublade genommen? In den Jahren davor konnten die niedrigen Abgaswerte leider nur mittels drastischer Schummelei vorgetäuscht werden. Weil der Betrug nicht unterm Teppich gehalten werden konnte, setzte ein großes Geschrei ein. Das schien den bewundernswerten deutschen Ingenieuren auf die Nerven gegangen zu sein und sie in der Ehre gekränkt haben. Also rückten sie halt mit dem durchlöcherten Stück Rohr heraus, damit wieder Ruhe im Kartong herrsche.

Staunend sitzen wir vor dem TV-Gerät und kommen uns kein bisschen für blöd verkauft vor und von Chuzpe haben wir noch nie gehört.