Vorzeige-Syrer

 

KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

05/07/16 In unserem Haus in Liefering – zwölf Wohnparteien – lebt seit gut einem Jahr eine junge syrische Flüchtlingsfamilie. Nett war es, als sie eingezogen sind: Der Flüchtlingshelfer hat ihnen den Rat gegeben, alle Hausbewohner einzuladen, und fast alle sind gekommen, um die neuen Mitbewohner zu begrüßen.

Zugegeben: Das war bei manchen mehr Neugier als „Willkommenskultur“. Aber seither treffen wir uns immer wieder zu einem Kaffee. Dass man die junge Frau nicht mit Handschlag begrüßt, respektieren wir gerne. Wenn sich, mitten im Ramadam, jemand aus dem Haus mit einer Flasche Wein als Mitbringsel bei den muslimischen Nachbarn einstellt, ist's ein Fauxpas, aber kein Unglück. Eher ein Anknüpfungspunkt zum Reden, das schon ganz gut funktioniert. Stolz erzählen die beiden knapp Dreißigjährigen, wenn sie wieder eine Stufe im Deutsch-Kurs geschafft haben. Demnächst wird man Babygeschrei hören aus der Wohnung der Syrer. Babysitter werden sich bei Bedarf im Haus leicht finden.

Das alles ist noch weit weg von „Integration“, der gelernte Kühlmaschinentechniker sucht immer noch nach einem Job. Aber es ist normales, unaufgeregtes Zusammenleben ohne jedes Konfliktpotential. Da schaut man umso fassungsloser auf die Diskussionen, wie sie jüngst in der Volkstanzszene aufgeflammt sind, als drei Syrer mitgekommen sind zu den Proben für den Salzburger Fackeltanz.

Drehen wir den Blickwinkel um: Lebte jemand von uns in Damaskus, stünde dann das Mittun in einer Volkstanzgruppe ganz oben auf der Liste erstrebenswerter Dinge? Wohl kaum. Den türkischen Bauchtanz erproben wir ja auch eher im Fitnessstudio und nicht bei einem der türkischen Kulturvereine.

Die drei Syrer sind gewiss nicht aus eigenem Antrieb bei den Fackeltänzern aufgetaucht, die schließlich nicht lange gefackelt haben mit den unerwünschten neuen Tanzpartnern. Da wird Politik gemacht und mit einer gewissen Blindwütigkeit werden Menschen brachial integriert. Um „Vorzeige-Syrer“ geht es auf der einen Seite, und um Verstimmtheit genau deswegen auf der anderen. Weit überzogen, deshalb die Fremdenfeindlichkeits-Keule zu schwingen.

Lobenswert ist ja generell, wie wie man sich bei der Salzburger Volkskultur sonst einsetzt für andere Volkskulturen. Es gibt nicht wenige Migranten-Kulturvereine in Salzburg, und die werden im Volkskultur-Referat des Landes aufmerksam mitbetreut. Man geht sehr offen mit ihnen um, und noch nie wurden Klagen laut, wenn beispielsweise bei Volkstanzfesten auch diese Neo-Salzburger sich und ihre Kultur eingebracht haben. In der zwei Mal jährlich erscheinenden Zeitschrift wird stets umfänglich darüber berichtet.

Jene, die Syrer partout zum Fackeltanz bringen wollten, müssen sich schon fragen lassen: Ist es Integration, wenn sich Migranten eine Krampuslarve überziehen oder eine Glöcklerhaube aufsetzen? Vielleicht wäre ja ein Kurs angesagt: Barbarazweig-Einfrischen und Osterreier-Bemalen für Syrerinnen und Syrer.

 
Zur Hintergrund-Geschichte Drei Syrer und der Salzburger Fackeltanz
Zum Vorbericht Es geht ja miteinander auch