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Gemeinwohl-Ökonomie

STICH-WORT

10/01/17 Ist ein Kulturunternehmen per se eine Angelegenheit, die sich nur positiv auswirken kann aufs Gemeinwohl? Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die ARGEkultur hat die Probe gemacht und für 2015 ihre erste Gemeinwohlbilanz erstellt. Das Ergebnis: "Wir tragen also mit unserem Handeln messbar zum Gemeinwohl bei. Ein für uns unschätzbarer Wert."

Die ARGEkultur ist das erste Kulturunternehmen in Österreich, das eine solche Gemeinwohlbilanz erstellt hat. Untersucht wurde das Jahr 2015. Die Gemeinwohl-Ökonomie – ein ethisches Wirtschaftsmodell nach Christian Felber – ist eine Vision für eine nachhaltige Wirtschafts- und Lebensweise. Die Wirtschaft soll nach denselben Werten gestaltet werden, die menschliche Beziehungen gelingen lassen und auch bereits in der Verfassung verankert sind. Im Mittelpunkt stehen der Mensch und die Umwelt und nicht die kapitalistische Wertschöpfung. Als unternehmerischer Erfolg wird der Beitrag und der Fortschritt zur Gemeinwohlökonomie angesehen.

Beim "Beschaffungsmanagement" stehen für die ARGEkultur beispielsweise Regionalität, kurze Wege und kontinuierliche Ansprechpartner als Entscheidungsgrundlage im Mittelpunkt. Die Auseinandersetzung mit sozialen Aspekten und dem ökologischen Fußabdruck sind weitere Aspekte in der Auswahl der Lieferanten. Es werden etwa bewusst höherwertige Alternativen im Gegensatz zu Billiganbietern gewählt, beispielsweise bezieht man ausschließlich Ökostrom von der Salzburg AG, so die kaufmännische Geschäftsführerin Daniela Gmachl.

Ethisches Handeln hat man sich selbstverständlich auf die Fahnen geschrieben, auch im Finanzmanagement. Dieses orientiert sich vorrangig an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Kunst- und Kulturauftrag. "Die Finanzierung erhalten wir zu 60 Prozent in Form mehrjähriger Förderverträge. Für das Wirtschaftsjahr 2015 war keine Fremdfinanzierung notwendig", betont sie.

Auch die Geschäftsführung und der Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist ein Thema: Die ARGEkultur sei geprägt von flachen Entscheidungs- und Handlungsstrukturen und einem hohen Maß an Selbstverantwortung und Selbstbestimmung, heißt es dazu. So gebe es eine größtenteils flexible Arbeitszeitgestaltung, die sich an der Disposition orientiert und die sich in Jahresarbeitszyklen ganz nach dem Modell „Arbeitszeit = Lebenszeit“ orientiert. Das Gleichstellungskriterium „gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit“ werde zu hundert Prozent erfüllt, ebenso die Quote für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Die Frauenquote im Unternehmen beträgt 43,9 Prozent. Jährlich werden mehrere Praktikumsplätze für Studierende vergeben, außerdem ist die ARGEkultur Ausbildungsplatz für den Lehrlingsberuf Veranstaltungstechniker. Die Gehaltsstruktur transparent, die Einkommensspreizung liege bei 1:2 mit über dem Branchenschnitt liegender Entlohnung.
Eigentlich selbstverständlich, dass ein offenes Produktionshaus wie die ARGEkultur ihren Gemeinsinn tagtäglich beweist. Im O-Ton klingt das dann so: "Die Beziehungen zu unseren KundInnen (BesucherInnen, NetzwerkpartnerInnen und KünstlerInnen) sind besonders wertvoll und alle Dienstleistungen und Produkte sind auf deren Bedürfnisse ausgerichtet. Die ARGEkultur sichert professionelle Rahmenbedingungen für die Erarbeitung der künstlerischen bzw. kulturellen Produkte und Prozesse. Hierbei fließen auch regional politische Themen in die Arbeit mit ein und bieten den KünstlerInnen und BesucherInnen die Möglichkeit, Teil eines produktiven Korrektivs zu sein, das sich selbstbewusst und selbstkritisch weiterentwickelt." Markus Grüner-Musil, der künstlerische Leiter, weist dann noch auf die Netzwerke hin: Die ARGEkultur ist ein Gründungsmitglied des Dachverbands der Salzburger Kulturstätten, Mitglied der IG Kultur Österreich und durch den künstlerischen Leiter im Landeskulturbeirat vertreten. "Offenlegung von Informationen, Weitergabe von Arbeitskräften und Kooperatives Marketing sind gelebter Alltag."

Ein Kulturbetrieb tut sich natürlich schwer, ökologische Auswirkungen zu benennen, aber zumindest indirekt trage man zur Bewusstwerdung der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen bei , etwa wenn künstlerische Darbietungen ökologische Themen greifen. Für soziale Standards gilt das auf ähnliche Weise: „Hunger auf Kunst und Kultur“ oder die Vorreiterrolle in der Aktion "Fair Pay" und hundertprozentige Barrierefreiheit sind Stichworte dazu.

Aus dem Vollen schöpfen kann eine Kulturinstitution logischerweise, wenn es ums gesellschaftliche Umfeld im weitesten Sinn geht: "Der Beitrag zum Gemeinwesen ist der Unternehmenszweck der ARGEkultur schlechthin." Über den gesellschaftspolitischen Kontext spielten die Themen des Gemeinwohls in die Produktentwicklung mit hinein. Die Veranstaltungen und Kulturvermittlungsprojekte und auch das gesellschafts- und kulturpolitische Engagement seien Produkte, die zu einem „guten Leben“ (im Sinne der Deckung der Grundbedürfnisse) beitragen, sie verbreiten viele positive Wirkungen auf Mensch und Gemeinschaft. "Gerade im Bereich der regionalen Netzwerke ist die Wirkung der ARGEkultur hoch." (ARGEkultur/dpk-krie)

Bild: ARGEkultur / Johannes Amersdorfer
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