asdf
 

Große Oper im Petersbrunnhof

50 JAHRE SZENE SALZBURG / ERINNERUNGEN (3)

09/10/19 Wer erinnert sich eigentlich noch daran, dass die Szene der Jugend in ihren frühen Tagen auch der Oper ein Forum bot? Stagione lirica hieß das wackere Unternehmen, Nikolaus Topic-Matutin war einer der Köpfe. Er erinnert sich.

Von Nikolaus Topic-Matutin

Auf dem Titel des Szene-Magazins von 1980 ist die Mamma zu sehen – oder Klaus Wallprecht, der – damals am Salzburger Landestheater engagiert – mit dem Musikverein Stagione lirica die deutschsprachige österreichische Erstaufführung von Gaetano Donizettis Buffa Viva la Mamma in der Titelrolle bestritt. An seiner Seite Chris Merrit, auch er damals am Anfang seiner Karriere, heute ein gefeierter Belcantostar.

Alfred Winters Initiative hatte es möglich gemacht, im wunderbar rudimentären Petersbrunnhof ganz alternativ Große Oper zu spielen: Wir, das waren Elisabeth und Nikolaus Topic-Matutin sowie Veronika und Klemens Vereno, haben diese Chance viele Jahre genützt, bis uns 1987 der Zeitgeist in Gestalt der Unfinanzierbarkeit einholte.

Aber bis dahin gab es viel: Banchieris Barca di Venezia per Padova, den Don Giovanni von Giuseppe Gazzaniga, das Projekt Menschen haben keine Flügel, die Diana von Reinhard Keiser und vieles mehr. Auf dem Dachboden des Petersbrunnhofs gastierte der Kinderchor und das Puppentheater des Henze-Musikfestivals aus Montepulciano, und der Zugang funktionierte über eine Gangway, die wir vom Salzburger Flughafen herbeigerollt hatten…

Das alles ist kaum erinnerte Geschichte. Währenddessen bog der kulturelle Mainstream auch in Salzburg ab: Internationales Tanztheater war angesagt, und das vertrug keine Zentralbühne, sondern brauchte solide Bühnentechnik. Trotz einiger Anläufe zu einer Nutzung, die allen Bedürfnissen entsprochen hätte, ging der Peterbrunnhof als alternative Spielstätte schließlich unter und ist heute die künstlerische Heimat einer hervorragenden Schauspielcompagnie – seine historische Substanz ist dabei gründlich auf der Strecke geblieben.

Diese Entwicklung gab es fast überall in Europa. In den folgenden Jahren und bis heute hat die Szene, international gut vernetzt, in und für Salzburg viel Großes geleistet. Ob man diesen Weg als Abgrenzung, Annäherung oder gar als Gegenbild zum übermächtigen „besten Festival der Welt“ begreifen möchte, ist eine Frage des kulturellen Leitbildes. Aber die Institution durch die Stürme und Klippen von fünfzig Jahren geführt zu haben, ist eine ungewöhnliche und in Salzburg solitäre kollektive Leistung aller, die an diesem Projekt beteiligt waren und sind.

So wünsche ich mir, dass die Szene getreu ihren Anfängen auch in der Zukunft deutliche Antworten auf die fortschreitende spekulative Einschnürung der Kunst finden möge – wie es aussieht, haben wir das bitter nötig.

Und dass mich ein führender Funktionär der Szene wegen meiner Ideen zum (Musik)theater in einem durchaus freundschaftlichen Gespräch einmal als „Sektierer“ bezeichnete, empfinde ich heute noch als Kompliment. (Wird fortgesetzt)

Bild: privat
 Zum ersten Teil der Serie (Werner Thuswaldner)
Bis heute ein bisschen rebellisch
zum zweiten Teil (Alfred Winter)
Unser Woodstock machten wir selbst
Zum vierten Teil (Siegbert Stronegger)
Eigentlich unbeschreiblich
Zum dpk-Beitrag über Fünfzig Jahre Szene Salzburg
Proberaum für das Unvorhersehbare

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014