„I hob a Freude an Kunst und Kultur“

KULTURPOLITIK / NEUE STAATSSEKRETÄRIN

19/05/20 „Einen echten Profi“ habe er gefunden, so Vizekanzler Werner Kogler heute Dienstag, als er Andrea Mayer als neue Staatssekretärin für Kunst und Kultur vorstellte. „Krisenfest“, sei sie, „professionell, kompetent und engagiert“. Und: „Sie wird überzeugen, weil sie sich auskennt.“

Von Reinhard Kriechbaum

Eine nahe liegende Frage wurde an Kogler, der in der Bundesregierung immerhin die Agenden des Kulturministers wahrnimmt, nicht gestellt: Warum ihm solche Prämissen vor fünf Monaten nicht eingefallen sind, bevor er die glücklose Ulrike Lunacek mit dem Amt betraute. Aber es ist wohl so – das hat sich in diesem Pressegespräch aufs Neue bestätigt, dass unser Kulturminister in Kultur-Belangen nicht einmal für Sonntagsreden taugt. Schon toll, wenn der fachzuständige Minister „über die Bedeutung von Kunst und Kultur“ schwadronniert: „Man sieht, wie wichtig sie ist, weil sie uns so abgeht. Es fehlt uns eben was.“

Kunst- und Kulturschaffende werden in zwei Punkten absolut übereinstimmen. Erstens: Andrea Mayer (vor der Heirat hieß sie Ecker, unter diesem Namen ist sie in der Szene viel bekannter) genießt größtes Vertrauen, weil sie lange Zeit an den Hebeln der ministeriellen Macht saß und sich als Sektionschefin für Kunst durch die Bereitschaft zum Dialog, durch Lösungsorientiertheit und Ambition für die Sache auszeichnete. Zweitens: Alle sind sich wohl auch darin einig, dass sie nicht um den ihr vorgesetzten Minister zu beneiden ist.

Vertrauen stiftend jedenfalls, was Andrea Mayer in ihrem ersten Pressegespräch als designierte Staatssekretärin sagte: Zuerst müsse der Staat nun für die einzelnen freischaffenden Künstler da sein, mit raschen und unkomplizierten Maßnahmen. Egal, ob man das nun Grundeinkommen, staatliche Finanzierung oder Überbrückung nenne. Es gehe darum, Brüche zu vermeiden, denn „wenn wir im Leben wieder etwas wie Normalität haben, geht es nicht ohne Kunst und Kultur“.

Ebenfalls ganz vorne auf ihrer Liste steht die Wiederöffnung. „Kunstschaffende wollen arbeiten, nicht finanziert werden“, so Andrea Mayer, denn „sie gehören eben zur Normalität, dafür stehe ich“. Deshalb sei es auch für die Institutionen wichtig, „wieder in einen Betrieb zu kommen, der unter den gegebenen medizinischen Bedingungen möglich ist. Es kann nicht sein, dass die Kulturinstitutionen geschlossen haben.“

Da spricht also die Pragmatikerin, die als eine ihrer Stärken benennt, dass sie „immer an Schnittstellen tätig war zwischen Kultur und Verwaltung“. Sie kenne „alle Player, vor allem auch im Ministerium“ und sie wisse „was dort für tolle Leute sind“.

Ein paar biographische Eckdaten: Andrea Mayer (Ecker), 1962 in Amstetten geboren, wurde nach dem Jus-Studium und einigen Jahren Tätigkeit in der Privatwirtschaft 1993 Mitarbeiterin im Stab von Bildungs- und Kulturminister Rudolf Scholten. Später wechselte sie ins Wissenschaftsministerium, wo sie für Innovation und Forschungsfragen verantwortlich zeichnete. Das waren die Jahre, in denen aus den Kunsthochschulen Kunst-Universitäten wurden. 2007 wurde sie zur Sektionschefin für Kunst bestellt. 2015 setzte sie sich nach einer Ausschreibung gegen 17 Bewerber für die Leitung der nunmehr fusionierten Sektion Kunst und Kultur durch. Sie übernahm Kontrollfunktionen in diversen Aufsichtsgremien großer Kulturinstitutionen, wie der Salzburger Festspiele, und leitete 2016 interimistisch das Belvedere-Kuratorium. Beides Tätigkeiten, wo es in den fraglichen Jahren allerhand Kalamitäten zu bereinigen gab.

2017 holte Alexander Van der Bellen Andrea Mayer als Kabinettschefin in die Präsidentschaftskanzlei. „Bei Staatsbesuchen ist Kultur immer auf der Agenda“, sagte Andrea Mayer in dem heutigen Pressegespräch. Dieser „umfassende Reichtum“ sei ein Charakteristikum, für das unser Land von außen wahrgenommen werde. „Diesen Reichtum gilt es zu schützen, dafür zu lobbyieren und ihn staatlich zu finanzieren“. In solchen Formulierungen spürt man das Herzblut der neuen Staatssekretärin, die dann schon mal in den Dialekt fällt und glaubhaft sagt: „I hob a Freude an Kunst und Kultur.“

An Vorschusslorbeeren mangelt es nicht, etwa von MuseumsQuartier-Direktor Christian Strasser, der Andrea Mayer als „hervorragende Verhandlerin“ kennen gelernt hat: „Für die gesamte Kunst- und Kulturlandschaft ist das eine mehr als erfreuliche und positive Entwicklung. Damit ist die Wahl auf eine bestens vernetzte Expertin gefallen, die auf jahrelange Erfahrung zurückgreifen kann und die für Kunst und Kultur brennt. Sie kennt die Situation der Kulturinstitutionen und der Künstlerinnen und Künstler wie keine andere.“

Und Bundespräsident Alexander Van Bellen über die „hervorragend vernetzte“ Mitarbeiterin, die er „nur ungern ziehen“ lasse: Mit ihrer „Leidenschaft für diesen Bereich, mit ihrer Kenntnis der staatlichen Verwaltung und ihrer Vertrautheit mit politischen Abläufen“ bringe sie die besten Voraussetzungen für die Aufgabe als Staatssekretärin für Kunst und Kultur mit.

Bilder: Still der PK-Übertragung aus dem Bildungsministerium