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Streaming ist mehr, als „Ersatz für...“

HINTERGRUND / KULTUR DIGITAL

17/03/21 Nicht alles ist schlecht, an den pandemie-bedingten Umbrüchen in der Kultur. „Im Moment ist auch abgefilmtes Theater was wert“, sagt ARGE-Leiter Sebastian Linz. Aber es ist mehr drin. „Wie gehen Kulturschaffende mit der Situation der andauernden Unklarheit um?“ Das fragt die ARGEkultur heute Mittwoch (18.3.) in einer Diskussion mit Publkum. Natürlich online.

Von Heidemarie Klabacher

„Bei Zoom-Konferenzen sieht man wohl den Leuten in die Augen. Man hat zehn, zwanzig Leute da sitzen vor ihren Schreibtischen oder in ihrer Küche. Und trotzdem sieht man in die Einsamkeit dieser Menschen hinein. Das ist ja leer. Es fehlt das Drumherum.“ Das sagt Sebastian Linz, Leiter der ARGEkultur, im gemeinsam mit Salzburg24 produzierten Podcast Online-Events sind gekommen, um zu bleiben. Vom Lückenfüller zur Hauptattraktion. Das Einsamkeits-Szenario gelte, sinngemäß, auch für Kulturveranstaltungen, die ja aus mehr bestehen, als „nur“ dem Tun auf der Bühne. „Kultur“ überschreitet Schwellen – ob in den Veranstaltungssaal, zum Ticket-Schalter oder zu Beisl und Pausenbuffet. „Kultur ist immer eingebettet in einen sozialen Kontext. Und dieses „soziale Drumherum“ fehle bei online-Veranstaltungen noch immer ganz stark. Aber auch dazu gebe es bereits „Techniken, Ideen und Experimente“. Mann müsse „den Blick nur von seinem eigenen Schaffen zu den anderen lenken“.

Dass deutlich mehr Publikum lukriert werden könne „ist immer ein wenig der Wunsch“, glaubt Sebastian Linz nicht. „Aber es verstreut sich mehr, es ist nicht nur das Salzburger Publikum, sondern auch aus anderen Orten.“ Linz streut übrigens Salzburger Veranstaltern vom Rock- über Literaturhaus bis zum Landestheater Rosen für ihre ambitionierten Streaming-Angebote. Generell aber werde, meint Sebastian Linz im Podcast, noch immer zu sehr operiert mit „Wir machen es als Ersatz für... wenn es halt nicht möglich ist.“

Wie schon im DrehPunktKultur-Gespräch vom..., wehrt sich Sebastian Linz gegen die „fast schamanische Beschwörung des Live-Erlebnisses“. Streaming sei eine sinnvolle Ergänzung „zu dem was wir eh schon tun“, betont Linz. „Wir müssen unsere Aktionsweisen erweitern und uns nicht nur auf das Live-Erlebnis konzentrieren.“ Auch weil dieses für möglicherweise jüngere Leute womöglich gar nicht mehr die Wichtigkeit habe, wie für Menschen, die in den Siebziger-, Achtziger oder Neunzigerjahren sozialisiert worden sind. Der Liveness-Begriff treibe ihn noch immer „total um“. Noch immer werde das live-Erlebnis dem digitalen gegenübergestellt, also das „Echte“ dem „Falschen“. Wie wichtiger sei die Frage: „Wie kommunizieren wir in dieser digitalen Welt?“ Wir seien einem spannenden Zeitpunkt, an dem es Generationen gibt, die ohne Internet aufgewachsen sind und Generationen, die nur mit Internet aufgewachsen sind. Die „Digital Natives“: „Da kann man ausverhandeln, was die Formen der Kommunikation sind.“ Die Grenzen noch einmal „künstlich hochzuziehen“, angesichts einer Gesellschaft, die noch beim Laufen auf ihre Handys schaut, sei „keine Strategie“.

Wie es weitergegangen sein wird, wird die Zukunft weisen. Das ist auch schon in klassischer Schriftform passiert: „Das Impulse Theater Festival hat im Herbst 2020 ein Buch herausgebracht, in dem zahlreiche Künstlerinnen und Künstler sowie Theaterleute ihre Fragen und Gedanken offengelegt haben, wie sich aus der Lockdown-Erfahrung lernen ließe. Auch die ARGEkultur ist in dem Band Lernen aus dem Lockdown mit Text und Bild vertreten.

Genau darüber wird heute Mittwoch (18.3.) in der ARGE diskutiert – fast genau ein Jahr nach Beginn des ersten Lockdowns und natürlich online: „Wir fragen nach dem Verlust von Unmittelbarkeit, Körperlichkeit und Berührung im Lockdown ebenso wie nach den Chancen digitaler Kulturarbeit“, so Sebastian Linz. Es diskutieren die Performancekünstlerin und Kulturwissenschaftlerin Sibylle Peters und der Kurator Julian Kamphausen, Moderatorin ist Wilma Renfordt, die Dramaturgin des Impulse Festivals.

Lernen aus dem Lockdwon - Mittwoch (17.3.) 19.30 Uhr im Live-Stream - Interessierte können bei freiem Eintritt zuschauen und mitdiskutieren – die Aufzeichnung ist auf dem Streaming-Portal der ARGE weitere 7 Tage online verfügbar - dort ist auch der ARGEpodcast nachzuhören - www.argekultur.at/stream
Impulse Theater Festival (Hg.): Lernen aus dem Lockdown? Nachdenken über Freies Theater. Alesander Verlag Berlin, 2020. 232 Seiten, 14 Euro, e-Book 9,99 Euro - www.alexander-verlag.com
Zum dpk-Bericht- und Gespräch Digitaler Raum als neuer Spielort

 

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