Aus den nassen Fundgruben

UNESCO-WELTERBE / PFAHLBAUTEN

28/06/11 Aktuell finden sich 931 Natur- und Kulturstätten mit „außergewöhnlichem universellen Wert“ aus über 150 Staaten aller Kontinente auf der UNESCO-Welterbeliste. Derzeit tagt das Komitee. Ein Zwischenergebnis: "Prähistorische Pfahlbaustätten um die Alpen" wurden neu aufgenommen - und damit fünf Fundorte in Österreich.

Um fünf Fundstellen geht es in Österreich speziell: Mondsee ist die prominenteste, weitere liegen im oberösterreichischen Abtsdorf und in Litzlberg Süd sowie am Keutschacher See in Kärnten. Die Namen gebende Fundstelle der Mondsee-Gruppe ist nicht nur aus forschungsgeschichtlicher Sicht wichtig. Das reiche Fundinventar der Siedlung bildet die bislang umfassendste Quelle für wissenschaftliche Untersuchungen der österreichischen Pfahlbauten, unter anderem über die Tauschbeziehungen und Vergleiche zu zeitgleichen Pfahlbaukulturen. Das reiche Spektrum von Metallfunden belegt ausserdem die wichtige Rolle dieser Siedlungen in der frühen Entwicklung der Kupfermetallurgie.

Es ist eine länderübergreifende Initiative, die sich für die Pfahlbauten stark gemacht hat. Von den rund tausend bekannten Pfahlbaustätten wurden die 111 repräsentativsten Stätten für die Nominierung zum Welterbe ausgewählt. Außerdem wird eine iPhone App lanciert, um diesen Funden mehr Aufmerksamkeit zu sichern.

Es geht um Reste von prähistorischen Pfahlbausiedlungen aus der Zeit von 5000 bis 500 v.Chr., die sich unter Wasser, an See- und Flussufern sowie in Feuchtgebieten befinden, in der Schweiz, in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Slowenien. Die Pfahlbauten liefern aussergewöhnliche Erhaltungsbedingungen für organische Materialien wie Holz, Textilien, pflanzliche Reste oder Knochen.

"Dank dem außerordentlichen Fundreichtum liefern die Pfahlbauten präzise und detaillierte Erkenntnisse der Welt der frühen Bauern Europas – deren Alltagsleben, Landwirtschaft, Viehzucht und technische Innovationen", versichern Fachleute. Die Hölzer der Pfahlbauten bieten sehr genaue Datierungsmöglichkeit, deshalb "können vollständige prähistorische Dörfer und ihre räumliche Entwicklung über sehr lange Zeit verfolgt werden." Für die Archäologen also echte Fundgruben.

Günstige Lagen wurden an den Ufern immer wieder besiedelt, wenn es der Seespiegelstand zuließ. So entstanden an manchen Orten über die Jahrtausende Schichtfolgen von mehreren Metern Mächtigkeit, mit den Resten von bis zu 25 übereinander liegenden Dörfern. Die Bauweise der Dörfer und ihrer Häuser war ausgesprochen vielfältig: Es gab Reihen-, Zeilen-, Strassen- oder Haufendörfer, die Häuser selbst waren ebenerdig oder abgehoben angelegt. Jedes Gewässer hat dabei seine eigene Geschichte, so dass die Fundstellen heutzutage im seichten Uferbereich finden lassen (z.B. Bielersee), aber auch weitab vom See im verlandeten Hinterland (z.B. Zugersee) oder sogar mitten in heutigem Stadtgebiet (z.B. Zürich) liegen können.

Der Verein "Palafittes" hat sich stark gemacht für die UNESCO-Kandidatur. Die zwischenstaatliche Zusammenarbeit soll die Erhaltung der Stätten, aber auch den wissenschaftlichen Austausch und die Vermittlung der Pfahlbauarchäologie an das breite Publikum fördern.

Informationen über "Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen" und zum iPhone App:  www.palafittes.org
Bilder: www.palafittes.org