Goethe und kreativ entwirrte trübe Gedanken und die Therapeuten

INTERNATIONALE PÄDAGOGISCHE WERKTAGUNG

10/07/14 Lange Zeit war man der Ansicht, dass Begabung beziehungsweise Kreativität nur einigen wenigen vorbehalten sei. Heute weiß man aber, dass Kreativität eigentlich in allen Lebensbereichen notwendig ist.

Das hat Andreas Fink, Universitätsprofessor für Psychologie in Graz, bei seinem Vortrag bei der Internationalen Pädagogischen Werktagung in Salzburg herausgestrichen. Durch moderne Testverfahren in der neurowissenschaftlichen Forschung sei der Kreativität viel von ihrer geheimnisvollen Natur genommen worden: „Herausragende kreative Leistungen sind oft das Ergebnis langjähriger Beschäftigung in einem speziellen Bereich. Kreativität ist eine Frage der Persönlichkeit, der Erfahrung, der Fachkenntnis und des Durchhaltevermögens“, so Fink. Eine Förderung der Kreativität sei also, zumindest in Ansätzen, möglich. Wenn es gelte, eine Problem-Fixiertheit zu lösen oder aus einem gewohnten Denkschema auszubrechen, sei seien auch Entspannungsübungen, Meditationstechniken und Sport hilfreich. Daneben gebe es aber auch spezielle Techniken und Trainingsprogramme, wie etwa „Ideefix“ - ein Kreativitätstraining für Volksschulkinder oder „CreaTrain“ - ein divergentes Denktraining am PC für Erwachsene.

Über therapeutische Aspekte der Kreativität sprach am Mittwoch (9.7.) Vormittag in der Großen Aula der Professor für Psychotherapeutische Medizin Rainer Holm-Hadulla. „Jede kreative Tätigkeit hat eine therapeutische Fähigkeit“, meint Holm-Hadulla. Dabei gehe es um die Suche nach Anerkennung und die Ordnung von wirren Gedanken. Der am besten dokumentierte Patient aller Zeiten ist der Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe. Der Dichter litt unter Depressionen, was sich in seinen unzähligen Briefen und Werken niedergeschlagen hat. Durch die Schaffung dieser kreativen Produkte konnte er jedoch seinen diffusen Gedanken Richtung geben und sich mit dem Schmerz versöhnen.

Für die Psychotherapie ergäben sich aus der Analyse von Goethes Leben laut Rainer Holm-Hadulla folgende wichtige Punkte: „Goethe suchte sich immer hilfreiche Beziehungen – heute wären das unter anderem auch Berater, Therapeuten, etc. Diese therapeutischen Beziehungen haben ihn stabilisiert“, erklärt der Heidelberger Psychotherapeut. Weiters habe Goethe Verhaltensstrategien entwickelt, um mit schwierigen Situationen umzugehen. Es gehe demnach darum, Leidenserfahrungen kreativ zu transformieren und nicht zu inszenieren, wie es beispielsweise der Musiker Jim Morrison tat. Morrison habe nur die Grenzüberschreitung gesucht, der er bereits in jungen Jahren zum Opfer fiel. Im Gegensatz dazu habe Mick Jagger „durch starke Strukturen die Transformation geschafft“. (IPW)

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Bilder: Katholisches Bildungswerk Salzburg