Die Löwen brüllen doch nicht

REPORTAGE / HECKENTHEATER

23/09/14 Gut, dass die beiden Löwen am Rand der Bühnenrampe des Heckentheaters im Mirabellgarten seit dreihundert Jahren mit stoischer Ruhe Richtung Zuschauerraum blicken. So haben sie nicht mitansehen müssen, was heute Dienstag (Vormittag) hinter ihnen geschah.

Von Reinhard Kriechbaum

Sie hätten mit Gebrüll und Zähnefletschen reagiert. Da kamen nämlich Männer mit Kettensägen und begannen, die Hecken umzuschneiden. Ratzeputz. Dürfen’s denn das? Ist das Heckentheater nicht ein Kulturgut allerersten Ranges?

Genau darum geht es: Die Hecken sind unansehnlich geworden, Lücken klaffen im Blätterwerk. Neu verdichten geht nicht, denn „eine Pflanze wächst nicht gern im Schatten“, erklärt der städtische Gartenamtsleiter Christian Stadler.

Also pflanzt man das (natürlich unter Denkmalschutz stehende) Theater neu, nachdem die alten Hecken umgeschnitten sind. Journalisten durften mitansehen, wie die ersten Gewächse zum Brennholz wurden. Das Holz der alten Hainbuchen bekommt übrigens die Salzburg AG, die der Stadt dafür Strom spendiert.

Das Heckentheater im Mirabellgarten wurde zwischen 1704 und 1718 errichtet und ist eines der ältesten Naturtheater nördlich der Alpen. Vergleichbare Anlagen in Versailles und Dresden sind nicht erhalten geblieben.

Gartenamtsleiter Christian Stadler: „Durch die Entfernung der rund fünf Meter hohen Althecken soll sich das Erscheinungsbild nicht komplett ändern. Deshalb hat das Gartenamt die größtmögliche Ware für die Neubepflanzung beschafft. Wir wurden bei der Baumschule Wörlein in Deutschland fündig. Rund 350 Hainbuchen mit einer Pflanzhöhe von drei bis dreieinhalb Metern werden die bisherige Hecke ersetzen.“ Es geht um nicht weniger als 360 Laufmeter Hecke. 22.500 Euro kostet der Spaß.

Es besteht jedenfalls begründete Hoffnung, dass der perspektivisch angelegte Bühnenraum bald wieder so aussehen wird, wie wir ihn gewohnt sind. Jedenfalls so ähnlich. Die Proportionen werden etwas anders sein, denn für die Erneuerung jetzt hat die Kunsthistorikerin Barbara Bacher historische Studien betrieben. Im Lauf der dreihundert Jahre wurde ja manches verändert.

Die berühmten Danreiter-Stiche, die jahrzehntelang im damaligen Barockmuseum hingen, sind nicht die einzigen Bildquellen. Im Zuge der Forschungen hat man allerlei Nachrichten und Pläne studiert. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts gibt es einen Bericht eines Mönchs, der beschreibt, wie er auf den Stufen seitlich am – damals ovalen – Zuschauerraum sitzt.

Das wird die nächste Baustelle, denn jetzt ist erst mal nur der Bühnenraum dran. Im Zuschauerbereich wird man in den nächsten Wochen und Monaten Grabungen machen und nachsehen, was noch vorhanden ist. Das Parterre, in gleicher Höhe mit dem erst in neuerer Zeit angelegten Orchestergraben, hatte keine Bänke. Man stand die Kunst durch, promenierte auf und ab und hat sich, womöglich nicht allein, auch seitwärts in die Büsche begeben könnte. Diese sympathische Option sollte man bei einer originalen Wiederherstellung im Auge behalten.

Hinter dem Zuschauer-Oval mit seitlichen Sitzstufen gab es ein Amphitheater, eine Art steinerne Parterre-Loge für die besseren Gäste. Kleiner Schönheitsfehler beim Rekonstruieren: Gerade dort ist jetzt die Grundstücksgrenze zum Bastionsgarten der Stiftung Mozarteum hin. Wollte man auf den Meter exakt rekonstruieren, wäre das Zauberflötenhäuschen im Weg,. Da werden die Nachbarn Stadt und Stiftung Mozarteum noch die eine oder andere Sache besprechen müssen. Am, besten über den Busch-Zaun hinweg…

Bilder: dpk-krie (2); Stadt Salzburg (1)

 

Zur Dokumentation Einzigartig in Österreich