asdf
 

Bauen wir ein Stück echte Natur!

HINTERGRUND / NATURPARK SALZACHAUEN

29/10/14 Whow, wie das klingt! „Kathedrale der Zukunft“ – daneben nimmt sich das Wort „Vison“ vergleichsweise anämisch aus. Also packen wir’s, bauen wir ihn, den „Naturpark Salzachauen“ zwischen Anthering und Oberndorf!

Von Reinhard Kriechbaum

Das war in etwa die Botschaft eines Pressegesprächs heute Mittwoch (29.10.) mit LHSt. Astrid Rössler und Landesrat Josef Schwaiger, die sich naturkundliche Schützenhilfe geholt haben vom Direktor des Hauses der Natur, Norbert Winding. Mit ihm als Berater hat man einen tollen Image-Film gedreht und man hat in eine Broschüre investiert, die uns das Flussufer- und Auen-Erlebnis so recht schmackhaft machen.

Worum geht es? Wer das Sattler-Panorama genau anschaut, der sieht Richtung Norden eine Flusslandschaft mit Mäandern und Inselchen. 200 bis 300 Meter bereit war die Fluß-Landschaft hier, an manchen Stellen gar bis zu 700 Meter, erklärt Norbert Winding. Wer jetzt Google-maps anklickt, nimmt die Salzach als schnurgerades Wasser-Strichlein wahr. “Ein Fluss, der fast ein Kanal ist“, ergänzt Agrar-Landesrat Josef Schwaiger. Da wäre eh noch viel Auwald links und rechts – aber die Sache hat einen Schönheitsfehler: Der Fluss ist bis zu sechs Meter unter Au-Niveau. Das heißt, die Au befindet sich rund anderthalb Stockwerke über der Wasserebene, und sie ist deshalb – für den Fachmann kenntlich – eine zunehmend trockene Angelegenheit.

Die Au verliert ihre Identität, der Fluss frisst sich immer tiefer ein, die Fließgeschwindigkeit nimmt zu, die Hochwassergefahr steigt drastisch. Akuter Handlungsbedarf also. Die aktuelle Botschaft seitens der Landespolitik, Stand heute Mittag: Das umstrittene Kraftwerksprojekt ist gestorben. Man setzt stattdessen auf großflächige Renaturierung, auf Synergieeffekte mit der Freizeit- und Tourismuswirtschaft und auf die auch selbsttätige Wiedereroberung der Au durch den Fluss – und nicht zuletzt auf erhebliche Geldflüsse seitens der EU. Die Lokalbahn fährt schön am Rand des Naturparks in spe vorbei, sie hat Stationen genug für naturliebende Fußgänger. Mit dem Rad kommt man auch leicht hin. Gute Optionen für hohen Freizeitwert.

Der Schönheitsfehler: Grenzfluss-Angelegenheiten sind solche zweier Staaten. Im Pressegespräch heute ist auch herausgekommen: Die wilde Entschlossenheit, mit der das Land in Salzburg dem einen der beiden Großgrundbesitzer die Au abkaufen will (mal jenes Stück vor Weitwörth), die Geld-Ansuchen in Richtung EU, das „Aufweichen“ der jetzt hart verbauten Uferböschungen, auch der Verzicht auf Energiegewinnung – das hat sich ans andere Flussufer noch nicht durchgesprochen. Die Bayern werden Augen machen, wenn sie morgen Zeitung lesen! Astrid Rössler, für den Naturschutz im Land zuständig, hat auf die Frage, wie viel der feuchte G’spaß denn kosten wird, sogleich beflissen nachgeblättert in den Presseunterlagen. Landesrat Schwaiger erklärte, sein bayerisches Gegenüber sei diese Woche nicht zu sprechen gewesen. Hoffentlich gehen die beiden dann wohlinformiert in Verhandlungen mit wem auch immer.

Der Eindruck von dem an Wörtern und imaginierten Bildern reichen Pressetermin: Es war mal ein rasch gezündeter PR-Knallkörper. Es muss noch einiges an Wasser schnell durchs tiefe Flussbett rinnen, bis die Angelegenheit konkret wird. Dass die Vorhaben toll sind, so wie sie auf dem Papier stehen, ist keine Frage. Vielleicht ist es ja auch wirklich nötig und gut, dass eine Seite mal einfach vorprescht und ihre Vorstellungen sehr genau präzisiert. Klartext ist allemal ein guter Ausgangspunkt für Gespräche.

Eine Wahrnehmung des sonst mit Kultur-Angelegenheiten betrauten und die Natur eher blauäugig als eine solche ansehenden Schreibers dieser Zeilen: Wenn von „Naturpark Salzachauen“ die Rede ist, dann sind gravierende Eingriffe in die derzeitige (seit anderthalb Jahrhunderten höchst un-natürliche) Landschaft gemeint. Man „baut“ heutzutage einen solchen Naturpark. Wirklich politisch machbar ist die Sache wohl auch nur, wenn man möglichst viel Natur „inszeniert“ unter freiem Himmel. Hoffen wir, dass es gelingt.

Bilder: dpk-Archiv

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014