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Leichen treffen, betroffen sein

DIGITAL SPRING FESTIVAL / ARTIVISM

04/03/16 „Wir reden nicht von Flüchtlingskrise. Das ist zu kurz gedacht. Wir reden von Flüchtlingschance. Das kommt einer Lösung viel näher.“ David Gross, Filmemacher und Medienkünstler, hat in Flüchtlingslagern in ganz Europa Journalisten gesucht. Entstanden ist das Filmprojekt „Refugee TV“, das beim neuen „digital spring festival“ prästeniert werden wird.

Von Heidemarie Klabacher

Refugee.tv sei ein Akt der Selbstermächtigung, sagte David Gross bei der Programm-Präsentation zum „digital spring festival“. Das neue Medienkunstfestival wird von Cornela Anhaus geleitet und ist eine gemeinsame Initiative von ARGEkultur und subnet. Von 6. bis 13. März wird es insgesamt zehn Veranstaltungen geben. Die Pressepräsentation fand heute Donnerstag (4.3.) im „Alten Porschehof“ am Bahnhof - Ecke Fanny von Lehnert-Straße/Karl Wurmb-Straße - statt. Das Erdgeschoss mit seiner langen Glasfront wird beim Festival, und darüber hinaus in den kommenden zwei Jahren, im Rahmen des Projektes „Kunst am Bau“ bespielt werden.

„Artivism“ ist das Motto des ersten Medienkunstfestivals. Aktivismus und Kunst richten sich aus gutem Grund auf die aktuelle Situation. Martin Gross schildert sein Projekt: „Die Reporterinnen und Reporter von refugee.tv sind als Flüchtlinge nach Europa gekommen. Unter ihnen sind Filmemacher, Journalisten und Journalistinnen und Kameraleute. Viele von ihnen mussten fliehen, weil sie die Missstände in ihrer Heimat öffentlich gemacht haben. Refugee.tv bietet ihnen eine Plattform, um ihre leidenschaftliche Arbeit fortsetzen zu können. Sie sind dabei keine passiven Medienobjekte, sie werden zu aktiven Gestaltern.“ Während des digital spring festival laufen die Reportagen von refugee.tv an den Veranstaltungstagen in allen Räumlichkeiten der Kooperationspartner ARGEkultur, Galerie Fotohof, Künstlerhaus, Toihaus, Schwerpunkt Wissenschaft & Kunst und FS1.

„Man kann nicht politisch sein. Sobald etwas meine Einstellung verändert, weil es etwas mit mir tut, ist etwas politisch“, sagte Cornelia Anhaus. Und nein, ein Podium wolle man Politikern keineswegs geben, aber sie können gerne kommen – und etwa Reden des politischen Gegners halten. Karaoke mit Reden statt Liedern ist als „Politaoke“ ein weiteres Projekt beim digital spring festival.

Nochmals Flüchtlinge. Eine Mutter, ein Kind, ertrunken auf der Flucht im eiskalten Meer. „Na und“ zu sagen, wäre zynisch. So wendet man sich lieber mit einem kopfgeschüttelten „Ist ja schrecklich“ der nächsten Katastrophe auf Tablett oder Zeitungspapier zu. Gehen die Bilder von echtem Leid nicht Betroffenen nahe? Könnte im virtuellen Raum mehr Betroffenheit erzeugt werden?

Diese Fragen stellte sich der Medienkünstler Robert Praxmarer. In seiner Installation „Swimming Pool“ lässt er die Zuschauer mit Schnorchel und Taucherbrille – genauer gesagt mit einem Virtual Reality Headset – auf dem Meeresboden auf Leichen, Erinnerungen und sonstige Artefakte stoßen. „Kann Virtualität Empathie eher stimulieren als Realität? Braucht der Mensch Inszenierung, Abstand und Reflektion, um das Leid anderer zu fühlen? Wie sieht die Grenze aus zwischen Virtualität und Realität, auf die wir uns in unserer Gesellschaft hinbewegen? Fragen und so viel Wasser, das auf uns lastet…“

Im Toihaus wird es die Performance „feed and bleed“ geben. Der Salzburger Kunstverein steuert die Ausstellung Ella Littwitz „Tomograma“ bei, in der die Grenzen die Jerusalem durchziehen und 28 legendäre Fußbälle eine Rolle spielen.

Der Workshop „visual + virtual + viral“ lädt zur Auseinandersetzung mit virtual Reality ein.

„MeinDeinUnser Salzburg“ ist ein Hörspiel-Workshop für Kinder.

Die Diskussion „Kunst-Aktivismus in Migrationskontexten“ vereint die Experten Khaled Barakeh (Damaskus / Frankfurt), André Leipold (Vertreter des „Zentrums für Politische Schönheit“, Berlin) und Sonja Prlić (gold extra, Salzburg) unter der Moderation von Sabine Bruckner (Salzburg).

Der Stadtspaziergang „Was ist los mit der Kunst am Bau?!“ führt unter der Leitung von Gabriele Wagner vom Traklhaus zum Alten Porschehof, wo die Ausstellung von Christina Helena Romirer „Wenn ja, in welcher Form, wenn nein, warum nicht“ zu sehen sein wird.

digital spring festival ARTIVISM von 3. bis 13. März - www.digitalspring.at
Bilder: dpk-klaba

 

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