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Karten weg, Geld nicht da

HINTERGRUND / KARTENBÜRO POLZER

30/06/16 Man glaubt es ja eigentlich nicht, dass im Internet-Zeitalter überhaupt noch jemand die Dienste eines Kartenbüros in Anspruch nimmt. Ist etwas Antiquierteres als ein Kartenbüro heutzutage denkbar? Darüber denkt man unwillkürlich nach, wenn man von der Pleite des Kartenbüros Polzer hört.

Von Reinhard Kriechbaum

Ein Salzburger Traditions-Unternehmen, keine Frage. Und wenn in den vergangenen Jahren auch zusehends die Chance gestiegen ist, noch am Veranstaltungstag beim eigenen Kartenbüro der Festspiele Karten zu ergattern, so war gerade bei schon Monate im Voraus ausverkauften Karten doch Polzer immer der erste Anlaufpunkt: Kurzfristig zurückgegebene Karten wurden dort sehr oft gehandelt. Man konnte bei den gefragtesten Vorstellungen also durchaus bei Polzer seinem Glück nachhelfen.

Aber auch „normale“ Kartenbesteller griffen wohl gerne auf die Vermittlung von Polzer zurück. Es ist wohl so, wie bei den Reisebüros: Viele Leute machen sich per Internet schlau, aber wenn es ans Buchen geht, ist die freundliche Dame am Counter deutlich gefragter als das Eingabeformular, das nach der Kreditkartennummer fragt.

Insofern also kein Wunder, dass „die Firma Polzer Travel- und Ticketcenter GmbH über Jahrzehnte ein sehr verlässlicher Geschäftspartner des Salzburger Festspielfonds“ gewesen ist. So heißt es in einer Aussendung der Festspiele am Dienstag (29.6.) Nachmittag zur Causa Firmenpleite. Verlässlich und vor allem der größte Kartenabnehmer: Polzer war der größte Kunde des Festivals aus Festspielkarten. Nach eigenen Angaben lag der Umsatz seit dem Jahr 2000 bei rund 19,6 Millionen Euro, also deutlich über einer Million Euro pro Saison. Der Verkaufsvorgang: Die Festspiele geben die Karten an den Makler weiter, nicht auf Kommission, sondern gegen Bezahlung. Macht nun der Makler Pleite, so sind die zu dem Zeitpunkt noch nicht bezahlten Karten Teil der Konkursmasse.

Die Erklärung der Festspiele im Wortlaut: „Das Direktorium der Salzburger Festspiele musste vor einigen Tagen eine Anwaltskanzlei damit beauftragen, der Firma Polzer Travel-und Ticketcenter GmbH und CoKG den sofortigen Rücktritt des Salzburger Festspielfonds von der Rechts- und Geschäftsbeziehung zu erklären. Dieser Schritt war nach eingehender Überprüfung und Überlegung aufgrund der wirtschaftlichen Lage und der damit verbundenen Nichterfüllung der finanziellen Verpflichtungen der Firma Polzer Travel- und Ticketcenter GmbH gegenüber dem Salzburger Festspielfonds unumgänglich geworden. Es mussten sofort Maßnahmen gesetzt werden, um noch größeren Schaden abzuwenden.“

Wie hoch dieser Schaden konkret ist, das beziffern die Festspiele heute Donnerstag noch nicht konkret. Auf der Homepage des Kreditschutzverbands KSV1870kann man zur Causa Polzer nachlesen: Aktiva in der Höhe von 732.000 Euro stünden Passiva von rund 1,3 Millionen Euro gegenüber, 53 Gläubiger seien betroffen. Der am Mittwoch (29.6.) auf Antrag des Unternehmens eingereichte Konkursantrag betreffe elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

„Die Erklärung, dass man den finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, traf die Salzburger Festspiele daher völlig unerwartet“, schreiben die Festspiele. Bei der Mitteilung des Kreditschutzverbandes ist von 140.000 Kundendaten die Rede, über deren Verkauf im Frühjahr mit mehreren Interessenten vergeblich verhandelt worden sei. Auch einen solchen Kundenstock einzubüßen, ist keine Lappalie für die Festspiele.

„Wie der KSV1870 erfahren hat sind die Insolvenzursachen primär auf Umsatzrückgänge und erhöhte Werbeaufwendungen zurück zu führen“, heißt es. „Die Situation verschärfte sich im Jahr 2016 durch die mit 1.5.2016 eingetretene Erhöhung der Umsatzsteuer von 10 auf 13 Prozent.“ Es trifft jedenfalls einen prominenten Wirtschaftstreibenden im Bundesland, denn Polzer-Geschäftsführer Wilhelm Prommegger ist auch Fachgruppenobmann der Freizeit- und Sportbetriebe bei der Wirtschaftskammer Salzburg und sitzt in so gut wie allen Gremien dort in Sachen Tourismus. Zum Masseverwalter wurde Rechtsanwalt Helmut Hüttinger bestellt.

 

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