Leidenschaft für die Moderne in den Tasten

TODESFALL / ANDOR LOSONCZY

10/01/18 Er war über viele Jahrzehnte einer der sich emsig Engagierenden in Sachen Neuer Musik in dieser Stadt. Als Interpret, als Schaffender, als Mentor – und als Hörer. Man sah Andor Losonczy nämlich nicht nur im Konzert, wenn etwas von ihm aufgeführt wurde. Am Montag (8.1.) ist Losonczy 85jährig in Salzburg gestorben.

Von Reinhard Kriechbaum

Andor Losonczy war nie einer von denen, die sich in den Vordergrund drängten, die viel Wind um Person, pianistisches Können und kompositorisches Vermögen machten. Und so ist er eigentlich unter seinem Wert gehandelt worden. Der bescheidene Andor Losonczy hat über die Jahre mit emsiger Beharrlichkeit an seiner „Klavierschule“ gearbeitet, einem Work in progress über eine ganz lange Zeitspanne. Wenn Losonczy selbst am Klavier saß und das Eine oder Andere daraus hat hören lassen, dann waren das stets Begegnungen mit einer Tasten-Vulkankraft sondergleichen.

Andor Losonoczy wurde 1932 als Sohn des ungarischen Komponisten, Pianisten und Dirigenten Dezső Losonczy in Budapest geboren. Er war Klavierstudent unter anderem bei Jenő Takács, besuchte auch Kurse beim Schönberg-Schüler Eduard Steuermann (bei den Darmstädter Ferienkursen). Später sollte Losonczy das gesamte Klavierwerk von Arnold Schönberg im Rundfunk einspielen.

Losonczy war Preisträger beim Internationalen Franz-Liszt-Wettbewerb Budapest. Während eines Musikwettbewerbs 1960 verließ er Ungarn und nahm die österreichische Staatsbürgerschaft an, wurde zunächst Assistent am Studio für Elektronische Musik in Salzburg. Elektronische Musik hatte er schon in Ungarn geschrieben, allerdings sind diese Frühwerke verschollen. Von 1986 bis 1998 war er Professor für Klavier mit Schwerpunkt Neuer Musik am Mozarteum.

Über hundert Klavierwerke hat Andor Losonczy uraufgeführt, von seinen Landsleuten Takács, Kurtag und Ligeti, von Heinz Holliger, Karlheinz Stockhausen und Boguslav Schaeffer, um nur wenige Namen zu nennen. Werke von ihm wurden bei internationalen Festivals aufgeführt. Er hat sich mit seriellen Techniken und mit Elektroakustik beschäftigt, in den Vokalkompositionen hat er gerne surrealistische und dadaistische Texte vertont.

Dass Andor Losonczy Ehrenmitglied des Festivals Aspekte Salzburg wurde, hatte mehr als einen guten Grund. Als Komponist und Pianist war da oft eingebunden, und er war über die Jahrzehnte einer der Greuen im Publikum. Vor gut anderthalb Jahren widmete ihm das oenm einige Konzerte. Und da hat er – schon von Alter und Krankheit gezeichnet – angemerkt, dass sein Name seit Jahrzehnten hierzulande falsch ausgesprochen werde: Auf der zweiten Silbe, also Losónczy, wollte er ihn selbst hören. Aber liebenswürdig und bescheiden, wie er trotz seines Temperaments immer war, hat er das nie vorher eingemahnt...

Bilder: oenm (1); Astrid Rieder/privat (1)