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Der Menschenfänger

IM PORTRÄT / TEODOR CURRENTZIS

12/01/18 „Das durchkalkulierte Anderssein“ titelte die „Welt“. In diesem nicht unkritischen Beitrag hat Manuel Brug Teodor Currentzis auch „generöses Können“ bescheinigt, das „eben immer wieder in Selbststilisierung“ umschlage. Heute Freitag (12.1.) steht Currentzis am Pult der Camerata Salzburg.

Von Reinhard Kriechbaum

Alfred Schnittkes Concerto grosso Nr.1, Gustav Mahlers Kindertotenlieder und Frank Martins Petite symphonie concertante: Ein alles andere als anbiederndes Programm, wenn man will: typisch für diesen Dirigenten, der allemal gut ist dafür, die Zuhörer herauszufordern, sie in ihren Meinungen zu spalten. Er ist einer, der so recht herzhaft polarisiert. Wann kommt einem so jemand schon unter in unserem doch eher stromlinienförmig dahinfließenden Musikbetrieb, in dem Namedropping und beliebiges Verknüpfen wesentlich gefragter ist, als Charisma oder gar Ecken und Kanten.

An denen fehlt es dem Dirigenten, der 1972 in Athen geboren wurde, nicht. Und eckig ist auch sein Weg in geographischer Hinsicht. Der Grieche wurde zum Russen, indem er 1994 zum Studieren nach Sankt Petersburg ging, zu Ilya Musin. Das ist jener legendäre Pädagoge und Gründer der russischen Dirigierschule, bei dem auch schon Valery Gergiev, Semyon Bychkov, Yuri Temikarnov und Tugan Sokhiev gelernt und dann die musikalische Welt erobert haben.

Von 2004 bis 2010 leitete Teodor Currentzis die Staatsoper von Novosibirsk. 2009/10 war er zudem Conductur in Residence am Bolschoi Theater. Dann ist Teodor Currentzis von Novosibirsk nach Perm übersiedelt (unter „Mitnahme“ der beiden von ihm gegründeten Ensembles MusicAeterna und New Siberian Singers). „Nach Perm sind es von Moskau mit der Transsib nur 1436 Kilometer statt 3335 Kilometer nach Nowosibirsk“, rechnete die „Süddeutsche“ nach.

Ja, die Welt ist groß, und unterdessen legt Currentzis auch in andere Gegenden viele Kilometer hin. Eher noch als Newcomer galt er, als er 2009 bei den Bregenzer Festspielen Mieczyslaw Weinbergs Oper „Die Passagierin“ leitete.

Frisch im Gedächtnis sind seine Interpretation des Mozart-Requiems in der Ouvertüre spirituelle bei den Salzburger Festspielen 2017 und Mozarts „La Clemenza di Tito“, ebenfalls im vergangenen Sommer. Bei den Festspielen heuer ist ein Zyklus aller Beethoven-Symphonien unter seiner Leitung, natürlich wieder mit MusicAeterna, programmiert. Man ist in Salzburg also nah dran an dem Ausnahmekünstler, dem Manuel Brug in erwähntem Artikel mit gutem Grund etwas „gleichmacherisch Menschenfängerisches“ nachsagt: Ein Musizieren, das „alle bannen und überwältigen“ soll.

In dem Sonderkonzert mit der Camerata Salzburg, das am 13. Jänner am Wiener Konzerthaus wiederholt wird, werden als Solisten die Geiger Gregory Ahss und Andrey Baranov zu hören sein, die Kindertotenlieder interpretiert die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg.

Heute Freitag (12.1.) um 19.30 im Großen Saal des Mozarteums und am 13. Jänner um 19.30 im Wiener Konzerthaus – www.camerata.at; konzerthaus.at
Bild: www.teodor-currentzis.com/Anton Zavyalov (1); Konzerthaus/Dmitrii Dubinsky (1)

 

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