Jens Harzer ist der „Würdigste“

HINTERGRUND / IFFLAND-RING

22/03/19 Was höchste Schauspielkunst ist, hat man im vorigen Sommer bei den Salzburger Festspielen in der auf die beiden Hautprotagonisten reduzierten Penthesilea erleben können. Achilles war der famose Jens Harzer. Bruno Ganz hat ihn als künftigen Träger des Iffland-Rings bestimmt.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Ehre geht also an einen Schauspieler, der in Salzburg oft verpflichtet war und dessen Rollengestaltungen sich stets nachdrücklich einprägten. 2016 war Jens Harzer Caliban in Shakespeares Der Sturm. 2011 schlüpfte er in die Rolle des „Ich“ in Handkes Immer noch Sturm. „Ich“ war als das alter Ego des Dichters. Zugegeben: In der DrehPunktKultur-Besprechung schrieben wir damals angesichts der Allgegenwärtigkeit des Schauspielers auf deutschen Bühnen: Wieviel Jens Harzer verträgt der Mensch?

In Salzburg jedenfalls spielte Harzer 2009 den Raskolnikow in Tolstois Verbrechen und Strafe. Schon etwas länger ist es her, dass er als Tod im Jedermann zugange war. Seit 2009 ist Harzer festes Mitglied des Ensembles am Thalia Theater in Hamburg.

Der letzte Träger des Iffland-Rings, Bruno Ganz, hat gemäß den Statuten ein versiegeltes Kuvert hinterlassen, in dem die Nachfolge des Ringträgers geregelt wurde. Am Tag nach der Beisetzung des am 16. Februar dieses Jahres verstorbenen renommierten Schweizer Film- und Bühnenschauspielers wurde das Kuvert im Kulturministerium geöffnet und die Wahl von Bruno Ganz durch Minister Gernot Blümel verkündet. Laut Statuten wird der Ring „durch den jeweiligen österreichischen Bundesminister für Unterricht im Wiener Burgtheater“ überreicht. Der Termin steht noch nicht fest.

Heuer ist übrigens der 260. Geburtstag dessen, nach dem der Ring benannt ist. Laut Überlieferung wurde der Ring von Goethe dem Schauspieler, Dramatiker und Theaterleiter August Wilhelm Iffland (1759 bis 1814) gegeben. Der Ring aus Eisen trägt einen großen, blauvioletten Halbedelstein, den der Kopf Ifflands ziert, umgeben von achtundzwanzig kleinen Diamanten. Als Theaterleiter hatte Ifflan - der Franz Moor in der Uraufführung von Schillers Die Räuber 1782, ab 1796 Direktor des Königlichen Nationaltheaters in Berlin und 1811 Generaldirektor der Königlichen Schauspiele - Berlin zur führenden Theaterstadt gemacht.

Nach Iffland ging der Ring der Legende nach 1813 an Ludwig Devrient, der ihn an seinen Neffen Emil Devrient weitergegeben haben soll. Das jedenfalls kann man aus einem vergilbten Zettel schließen, den der Ring-Träger Friedrich Haase 1875 an die Unterseite des Etuis klebte. Friedrich Haase übergab 1908 den Ring an Albert Bassermann und so entstand die Tradition der Weitergabe des Ringes an den jeweils „Würdigsten“ auf deutschsprachigen Bühnen. (Einspruch von feministischer Seite wurde erstaunlicherweise noch nicht laut. Für Damen gibt es immerhin den Alma Seidler Ring, den aber kaum jemand kennt. Derzeitige Trägerin ist Regina Fritsch.)

Zurück zu Bassermann. Dieser wurde den Ring gar nicht so leicht los: Er hatte 1911 Alexander Girardi als nächsten Ringträger bestimmt. Nach Girardis Tod wollte Bassermann den Ring an Max Pallenberg weitergeben, der jedoch tödlich verunglückte. Danach erkor Bassermann Alexander Moissi zu seinem Nachfolger als Ringträger. Als auch Moissi starb, war Bassermann überzeugt davon, dass ein Fluch auf dem Ring liegen müsse und er weigerte sich, einen weiteren Nachfolger zu bestimmen: Bassermann übergab den Ring 1935 dem Bundestheatermuseum in Wien, wo er bis zu seinem Tode in der Obhut des österreichischen Unterrichtsministeriums bleiben sollte.

Die weitere Ring-Genealogie: Werner Krauß, Josef Meinrad, Bruno Ganz – und nun eben Jens Harzer. Beinah eine Panne: Nach Josef Meinrads Tod 1996 war eine Verfügung über den Nachfolger zunächst nicht auffindbar und wurde erst nach zweitägiger Suche im Archiv des damaligen Bundestheaterverbandes gefunden.

Bilder: Salzburger Festspiele / Monika Rittershaus (1); Bundeskanzleramt (1)