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Indianer des Widerstandes

IM PORTRÄT / TOM PORTER SAKOKOWENIONKWAS

15/15/19 „Derjenige, der gewinnt“ - nämlich Tom Porter Sakokwenionkwas – ist ein Ältester und politischer Aktivist der Mohawk Nation. Jüngst war er in Wien, um mit der Friedens- und Umweltbewegung in Dialog zu treten. Sein zentrales lebenslages Anliegen „Wie gehen wir mit unseren Mitmenschen und unserer Mitwelt um, damit wir das Wohlergehen der kommenden sieben Generationen nicht gefährden“ prägte auch den Besuch in Stadt und Land Salzburg.

Drei Tage lang war Tom Porter Sakokwenionkwas, der Stammesälteste der Mohawak-Indianer, mit seinem Sohn Aroniennens und hiesigen „Eingeborenen“ im Bundesland Salzburg unterwegs. Tom Porter löst in diesen Wochen auf einer Europareise das Versprechen ein, jene zu besuchen, die seinen Stamm in Zeiten der Verfolgung unterstützt haben. Begleitet im Pinzgau wurde er von Susanna Vötter-Dankl, Christian Vötter vom Verein Tauriska und Inge Patsch, die die Gruppe als Dolmetscherin und Berichterstatterin begleitete.„Mythische Tänze, politische Repression, Handwerk, Klimawandel, irokesische Schöpfungslehre und die Herausforderung, Tradition zu bewahren – die drei Tage mit Sakokwenionkwas Tom Porter waren voll mit inspirierenden Gesprächen.“

Tom Porter, dessen Stammesname Sakokwenionkwas lautet, 1944 in einem Reservat an der Grenze zwischen den USA und Kanada geboren, hat die Unterdrückung seiner Stammeskultur durch die amerikanische Regierung wiederholt erlebt. Drei Mal in seinem Leben spitzte sich die Lage so zu, dass es aus der Perspektive der Mohawak einem Bürgerkrieg ähnelte. Während dieser Zeiten haben er und die indigenen Stämme Nordamerikas vielfältige Unterstützung von Journalisten, Politikern und anderen engagierten Menschen aus Europa erhalten. Vielen dieser Menschen hat Tom Porter versprochen, sie vor seinem Ableben noch mal zu besuchen und ihnen zu danken: In diesen Wochen bereisen er und sein Sohn Europa und erzählen von ihrer Kultur und ihrer Geschichte und ihrem Einsatz für die Natur.

Die Mohawak leben seit zweitausend Jahren in einer matrilinearen Gesellschaft. Frauen haben hier die Macht spirituelle und politische Führer zu bestimmen und wieder abzusetzen. Dadurch würden weibliche Werte und Kooperation gefördert und automatisch ein Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern geschaffen, so Tom Porter. Auch er als  als spiritueller Führer handle mit dem Wohnwollen der Mohawak-Frauen. Sein Tun sei stark von den Lehren seiner Großmutter geprägt, welcher er in seinem Buch „And Grandmother says...“ ein Denkmal gesetzt hat. Das Buch beginnt wie alle wichtigen Dinge der Mohawak mit „dem, was wir vor allem Wichtigen sagen“ - einer 15-seiten langen Danksagung an den Schöpfer, an die Bäume, die Fische und an alle anderen Geschöpfe der Natur.

Schon bei der Ankunft am Hauptbahnhof war uns bewusst, dass hier ein ganz außergewöhnlicher Mensch unser Bundesland besucht“, schildern Susanna und Christian Vötter ihren Eindruck von der charismatischen Persönlichkeit. Beim Stadtrundgang mit Inez Reichl-de-Hoogh, der Sprecherin der Salzburger Fremdenführer, begeisterten Sakokwenionkwas besonders die Bäume in der Stadt. Die politischen Dynamiken und die spirituelle Verbindung zur Natur waren denn auch das zentrale Thema seines Vortrages und Aufenthaltes im Bildungshaus St. Virgil.

Weitere Stationen folgten Innergebirg: „Ihr seid unsere Zukunft. Ich bin begeistert von dieser Schule, an der Landwirt- und Hauswirtschaft, Handwerk und Kultur gelebt wird“, sagte Tom Porter zu den Schülerinnen und Schülern der Landwirtschaftlichen Fachschule in Bruck an der Glocknerstraße, die die indianischen Gäste - ebenfalls indigen - mit Schuhplattlern, eine Schnazlern und schuleigener Musikkapelle begrüßten. In der schuleigenen Tischlerei fühlte sich der Stammesälteste besonders wohl: Bis zu seiner Pensionierung war er nämlich über dreißig Jahre lang als Tischler und Handwerkslehrer tätig. Wie die meisten Angehörigen indigener Völker in Nordamerika ging auch er zum Broterwerb einem Beruf nach.

Auch die Jugend der Mohawk-Nation ist wie unsere digital vernetzt. Was sie jedoch wesentlich von anderen Jugendlichen auf dem amerikanischen Kontinent unterscheide, seien, so Porter, tradierte Werte wie etwa das Konzept der „Sieben Generationen“, nach dem jedes Handeln so gestaltet werden soll, dass es sieben Generationen zugutekommt. „Unter solchen Rahmenbedingungen hat die wirtschaftliche Ausbeutung von Böden und natürlichen Ressourcen keinen Platz.“

Nicht zuletzt deswegen haben Sakokwenionkwas und viele andere Mitstreiter sich wiederholt gegen Vorhaben der amerikanischen Behörden aufgelehnt, Öl oder andere Rohstoffe in ihren Territorien zu entnehmen. Aus Sicht der Mohawak ist die Erde unser aller Mutter. Das Streben, sie zu ehren und zu beschützen, wird regelmäßig bei den Stammestreffen bestärkt. Es vereint die indigenen Nationen in ihren Bemühungen für den Naturschutz.

Unterschiedliche Ansätze zum Naturschutz, deren Stärken und Schwächen prägten auch die Gespräche im Nationalparkzentrum mit dem Nationalparkdirektor Wolfgang Urban und dem Nationalparkranger Werner Schuh. Der Austausch von Erfahrungen über die Überlieferung und Bewahrung tradtioneller Werte und Fertigkeiten und den Umgang mit der Natur war durchaus wechselseitig: Im Kammerlanderstall erfuhr Tom Porter etwa, wie sich der Verein Tauriska mit der Leopold Kohr-Akademie seit über dreißig Jahren für den Erhalt, die Wiederbelebung und Weiterentwicklung von Handwerk und Tradition einsetzt. Im Pomarium, dem Obstlehrgarten beim Reitlbauern in Bramberg, beeindruckte den Mohawak-Ältesten ganz besonders die Vielfalt der Sorten, die in liebevoller Arbeit selbst auf neunhundert Metern Seehöhe gedeihen. (Inge Patsch/dpk-klaba)

Mit freundlicher Genehmigung von Tauriska und Inge Patsch vom Verein Monon e.U.

Bilder: Leopold Kohr-Akademie
Auf der Website vom „Arbeitskreis Indianer Nordamerikas“ in Wien finden sich weitere Details aus der Biographie des Ältesten: „Tom Porter ist Mitglied des Bärenclans der Mohawk-Nation von Akwesasne im Norden des Bundesstaates New York. Die Mohawks sind die heute größte Gruppe der Haudenosaunee „Leute des Langhauses“, bei uns besser bekannt als Irokesenkonföderation. Er zählt bereits seit den Sechziger-Jahren zu den bedeutendsten und einflussreichsten Persönlichkeiten im indigenen Widerstand Nordamerikas, war 21 Jahre lang einer der neun Mohawk-Vertreter im traditionellen Rat der Haudenosaunee-Konföderation, war Mitgründer der „Akwesasne Freedom School“, einer Mohawk- Alternative zum US-amerikanischen Bildungssystem, lehrt an diversen regionalen und überregionalen Bildungseinrichtungen, war 1993 Mitgründer und seither Sprecher und spiritueller Führer der traditionellen Mohawk-Community von Kanatsiohareke. Er ist mehrfacher Vater und Großvater, Autor zahlreicher Bücher, mehrfach ausgezeichneter Träger von Menschenrechts- und Bildungsauszeichnungen sowie Inhaber dreier Ehrendoktortitel.“ -  www.arbeitskreis-indianer.at   

 

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