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Die erste in Bayreuth und im Weißen Haus

TODESFALL / GRACE BUMBRY

08/05/23 „Schwarze Venus“ – das würde man sich in woken Zeiten nicht mehr zu schreiben getrauen. Als Grace Bumbry 1961 bei den Bayreuther Festspielen die Rolle der Venus in Wagners Tannhäuser sang, als erste dunkelhäutige Sängerin in der Geschichte des Festivals, wurde das freilich zum geflügelten Wort in den Musikkritiken.

Von Reinhard Kriechbaum

In den Medien wurde damals die Hautfarbe noch zur Causa prima gemacht und es wurde heftig polemisiert. Aber das ist Grace Bumbry wohl nicht fremd vorgekommen. Auch in ihrer amerikanischen Heimat – die Sängerin wurde 1937 in St. Louis (Missouri) geboren – war die dunkle Hautfarbe keineswegs karrierefördernd. Als Siebzehnjährige hatte sie einen Radiowettbewerb gewonnen, und mit diesem Preis wäre ein Studium am St. Louis Institute of Music verbunden gewesen. Doch dort wehrte man sich gegen eine dunkelhäutige Studentin. In den Südstaaten herrschte noch Rassentrennung. Aber Jacqueline Kennedy lud Grace Bumbry damals ins Weiße Haus ein – als erste schwarze Opernsängerin.

Glücklicherweise fand sich dann doch in Illinois eine Studienmöglichkeit, und später besuchte Grace Bumbry die Boston University. Auf Einladung der in der Zeit des Nationalsozialismus in die USA emigrierten deutschen Sopranistin Lotte Lehmann wechselte Grace Bumbry zur Music Academy Santa Barbara. Sie wurde Lotte Lehmanns prominenteste Schülerin. Es ging schnell, Bühnendebüt 1958 in Basel, 1959 Konzertdebüt in London, 1960 Debüt an der Pariser Oper als Amneris in Aida. Und dann im Jahr drauf eben die „Schwarze Venus“ in Bayreuth.

Natürlich wurde man auch in Salzburg auf die junge Sängerin aufmerksam. Bei den Festspielen debütierte sie 1964 in Verdis Macbeth, sie stand da unter der Leitung von Wolfgang Sawallisch neben Dietrich Fischer-Dieskau in der Titelrolle als Lady Macbeth auf der Bühne. 1966/67 war sie die Carmen unter Karajan, und sie hat in diesen Sommern auch einige Liederabende in Salzburg gegeben. Dann aber eine bemerkenswert lange Festspiel-Pause: Erst 1994, in der Ära Mortier, sang sie die Türkenbaba in Strawinskys The Rake's Progress.

Für Überraschungen war Grace Bumbry immer gut: Da war einmal der Fachwechsel, denn sie hatte ja mit Mezzopartien begonnen. Ab 1970 entwickelte sie sich zum dramatischen Sopran. 1997 erklärte sie ihre aktive Karriere für beendet, aber das hat sie sich noch einmal überlegt: Nach dreizehnjähriger Bühnenpause trat sie als Monisha in Scott Joplin selten gespielter Oper Treemonisha im Théâtre du Châtelet in Paris auf, sang dann die Old Lady in Bernsteins Candide an der Deutschen Oper Berlin und 2013 erstmals die Gräfin in Tschaikowskys Pique Dame an der Wiener Staatsoper. Grace Bumbry hatte ja Wien zu ihrem Alterswohnsitz erkoren. Hier ist sie am 7. Mai verstorben. Sie wurde 86 Jahre alt.

Bild: Wikimedia / U.S. federal government

 

 

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