Tsunami an der Salzach

MOZARTWOCHE / IM PORTRÄT / PABLO HERAS-CASADO

19/01/12 Sir John Eliot Gardiner musste sein Konzert bei der Mozartwoche mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks absagen. Schulterverletzung. Für ihn springt der junge spanische Dirigent Pablo Heras-Casado ein. Damit feiert er sein Mozartwochen-Debüt ein Jahr früher als geplant.

Von Heidemarie Klabacher

Überall wo er auftaucht, verursache er einen „musikalischen Tsunami“, hieß es vorige Woche in einem Interview mit Pablo Heras-Casado. Auch den Titel „Flying Andalusian“ - in Anlehnung an den „Fliegenden Holländer“ - lasse er sich gefallen, so Heras-Casado, habe er doch in den letzten sieben Monaten nicht länger als fünf Tage an einem Ort Halt gemacht.

Tatsächlich scheint der 1977 in Granada in Spanien geborene Dirigent omnipräsent zu sein: 2011 wurde er für vier Jahre zum ersten Gastdirigenten des "Orchestra of St Luke’s" ernannt - eine Verpflichtung, die regelmäßige Auftritte in der Carnegie Hall in New York umfasst. Im Oktober 2011 debütierte er mit den Berliner Philharmonikern. Konzerte mit Mahler Chamber Orchestra, NDR Sinfonieorchester, Essener Philharmoniker, Netherlands Radio Philharmonic oder Rotterdam Philharmonic stehen bzw. standen in dieser Spielzei auf dem Tourplan von Pablo Heras-Casado.

Dieser sei „ausgestattet mit jener wundersamen Gabe, welche denjenigen in die Wiege fallen muss, die dereinst an einem Dirigentenpult stehen und imstande sind, rund 100 Menschen dazu zu bewegen, ganz ohne Zwang bedeutende Kunstanstrengungen zu unternehmen“, heißt es in einem Porträt des Künstlers auf der Website der Berliner Philharmoniker.

Das bejubelte Debüt Pablo Heras-Casado mit den „Berlinern“ umfasste auch die „Schottische“: Felix-Mendelssohn-Bartholdys Symphonie Nr. 3 a-Moll op. 56, die nun auch im Konzert mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks bei der Mozartwoche auf dem Programm steht. (Der verletzte Sir John Eliot Gardiner hätte nach der Pause die „Zweite“ Schumann dirigiert. Der erste Teil mit der Ballettmusik aus „Idomeneo“ und Mozarts Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur KV 482 mit Emanuel Ax als Solisten bleibt gleich.)

Das Mozartwochendebüt von Pablo Heras-Casado war freilich erst für 2013 geplant, mit einem Programm von Mozart bis hin zu zeitgenössischer Musik. Nun habe sich Pablo Heras-Casado zur Verfügung gestellt, „bereits ein Jahr früher in der Mozartwoche 2012 einzuspringen und das Konzert des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks zu leiten“, freut man sich bei der Stiftung Mozarteum.

Tatsächlich reicht die Bandbreite des Spanischen Shootingstars noch deutlich weiter zurück als bis zu Mozart: Der Dirigent hat in seiner „Jugend“ in einem Chor gesungen, der sich vor allem dem Repertoire der Renaissance verschrieben hat. Seither liebt Pablo Heras-Casado besonders die Musik Giovanni Pierluigi da Palestrinas - liebt aber nicht weniger die Musik Luciano Berios: Alle Porträts und Biographien betonen die „ungewöhnliche Bandbreite“ der künstlerischen Tätigkeit Pablo Heras-Casados, „die sich von alter Musik bis hin zu neuester zeitgenössischer Musik, Kammermusik und Oper erstreckt“.

Pablo Heras-Casado sei der Ansicht, heißt es im Porträt auf der website der „Berliner“, dass sich für ihn als Dirigenten nichts ändere, egal, welchen Klangkörper er vor sich habe. Wesentlich sei letztlich, wie intensiv das musikalische Gespräch geführt werde. „Die Autorität liegt in der Musik, das ist so wie in einer modernen Gesellschaft, die sich zunehmend offen und höchst kommunikativ gibt.“ Wenn ein Orchester das Ziel verfolge, so Pablo Heras-Casadoim Porträt von Jürgen Otten, „das jeweilige Stück in seinem Innersten zu begreifen und nun mit der höchstmöglichen Konzentration und Freiheit daran ginge, dieses Innerste nach außen, ins Auditorium, zu tragen, dann wäre das Glück im Grunde vollkommen - unabhängig davon, ob das in Houston, Tokio oder Berlin geschieht“.

Pablo Heras-Casado dirigiert am 29. Januar bei der Mozartwoche im Großen Festspielhaus anstelle von Sir John Eliot Gardiner das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Klaviersolist ist Emanuel Ax - www.morarteum.at
Bild: www.pabloherascasado.eu