asdf
 

Keine Halbheiten

IM PORTRÄT / GEORGES PRÊTRE

22/01/13 „Auch Paris, Berlin und Mannheim werden es dieser Tage erleben: Bei Georges Prêtre existieren keine Halbheiten; Noten sind nicht zu exekutieren, sie sind Träger emotionaler Gedanken.“ So hieß es erst am 13. Jänner im „Standard“ über das Konzert der Wiener Philharmoniker mit Georges Prêtre im Musikverein. Am 2. Februar wird es auch Salzburg erleben: Der 89jährige Maestro dirigiert das dritte Mozartwochenkonzert der „Wiener“.

Von Heidemarie Klabacher

„Prêtre vermenschlicht Phrasen, und jede Selbstverständlichkeit des Bekannten wird als scheinbar entlarvt, ist aus dem Augenblick heraus zu gestalten“, so der Standard. „Das mag mitunter ein heikler Balanceakt auch für die Philharmoniker sein. Die Folge ist jedoch eine seltene Entfesselung ihrer Kräfte.“

Ausreichend Raum zur Entfesselung von Kräften gibt es auch im dritten Mozartwochenprogramm der Wiener Philharmoniker: Sie spannen einen Bogen von Mozarts Symphonie D-Dur KV 504 – der „Prager“ – bis hin zur Symphonie C-Dur von Georges Bizet. Dazwischen wird Prêtre zusammen mit der Mezzosopranistin Elisabeth Kulmann die  „emotionalen Gedanken“ in den „Wesendonck-Liedern“ von Richard Wagner ausloten. Von der „Geburt der Ekstase aus dem Geist der Sanftheit“ schrieb der Kritiker der „Wiener Zeitung“ über den Prêtre-Event im Musikverein. Da stand zwar kein Wagner auf dem Programm – dafür ist das aller Voraussicht nach ein „Programm“ für die zu erwartende Interpretation der hochemotionalen Orchesterlieder.

Der nur den Zahlen nach „alte“ Mann mit dem jungen Lächeln wurde 1924 im nordfranzösischen Douai geboren, absolvierte sein Musikstudium am Pariser Konservatorium und debütierte 1946, also mit 22 Jahren, an der Oper in Marseille. Opéra Comique, Pariser Oper, Metropolitan Opera New York, Mailänder Scala: ein Karrierenbeginn wie ein Raketenstart, ein Flug unter vollendeten Bedingungen – bis Heute.

1966 dirigierte er die Wiederöffnung der Met. 1970 wurde Georges Prêtre Musikdirektor der Pariser Oper. Quasi „seit jeher“ dirigiert er die Wiener und die Berliner Philharmoniker, die großen US-amerikanischen sowie Londoner Orchester. 1986 wurde er für eine Fünfjahresperiode zum Ersten Gastdirigenten der Wiener Symphoniker gewählt, mit denen er auch internationale Konzertreisen (Europa, Japan, USA) unternahm.

Kaum ein wichtiger Termin in der internationalen Szene, bei dem nicht der Maestro aus Frankreich nicht ans Pult gebeten wird: 1989 etwa dirigierte Georges Prêtre bei der Eröffnung der Opéra Bastille in Paris. Seit 1995 ist er Ehrendirigent des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart des SWR. 1999 dirigierte er mehrere Konzerte zum 100. Geburtstag von Francis Poulenc. Aus Anlass des 100. Todestages Giuseppe Verdis leitete er im Jahr 2001 mehrere Aufführungen von dessen Requiem und kehrte im selben Jahr mit einer bejubelten „Turandot“ zurück an die Scala. 2008 und 2010 dirigierte Georges Prêtre das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker im Wiener Musikverein.

Georges Prêtre ist nicht nur Kommandeur der französischen Ehrenlegion und „Grand Officier de la Légion d’Honneur“ (das ist die höchste Auszeichnung der französischen Präsident einem Zivilisten verleihen kann). Es gibt kaum eine Auszeichnung, die ihm nicht verliehen wurde: In Italien ist Prêtre „Commendatore Ordine al Merito della Repubblica Italiana“ oder  „Socio onorario“ des Orchesters „Filarmonica della Scala“. In Österreich steht man nicht nach: Die Gesellschaft der Musikfreunde und die Wiener Philharmoniker führen ihn als Ehrenmitglied. Und natürlich ist Georges Prêtre Träger des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst. - die größte Auszeichnung für einen Künstler dieses Kalibers wird freilich die staunende Bewunderung seines Publikums sein.

Mozartwoche 2013
Orchesterkonzert: Samstag 2. Februar, 19.30, Großes Festspielhaus. Wiener Philharmoniker, Georges Prêtre, Elisabeth Kulmann - www.mozarteum.at
Bild: Raab&Böhm/Decca/Terry Linke


 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014