Leerstelle auf dem Berg

IM PORTRÄT / SABINE BREITWIESER

19/03/13 Keine hochkarätige Sammlung. Kein Konzept. Die museale Aufgabe nicht artikuliert… Ein schönes Haus in interessanter Lage in einer schönen Stadt: Das ist alles, was Sabine Breitwieser – die designierte Direktorin des Museums der Moderne – ihrem künftigen Arbeitsplatz zubilligen kann.

Von Heidemarie Klabacher

„Akzente setzen, eine klare Positionierung finden, die bisher nicht stattfinden konnte, weder durch Ausstellungen, noch durch den Umgang mit der Sammlung.“ Solche Watschen hat wohl noch selten eine „Neue“ beim ersten Auftritt in der Öffentlichkeit verteilt: Sabine Breitwieser, ab 1. September Direktorin des Museums der Moderne, hat sich heute Dienstag (19.3.) im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der Name der Institution, der sie vorstehen soll, ist für die fünfzigjährige gelernte Juristin eine Art Freud’sche Fehlleistung: Weil es im Haus keine hochkarätige Sammlung, sondern eben nur eine Leerstelle gibt, heiße es auch nur „Museum der Moderne“. Dagegen würde „Museum für Moderne“ andeuten, „das man etwas Modernes hat und in seine Obsorge nimmt“. In ganz Österreich gebe es übrigens keine Sammlung für Moderne Kunst, so Breitwieser, die von 1988 bis 2007 die Sammlung der Generali Foundation aufgebaut und als Direktorin und Kuratorin geleitet hat. „Wir“ sind also in bester leerer Gesellschaft.

Warum sie sich dennoch von ihrer prominenten Position als Chefkuratorin für Medien- und Performancekunst am Museum of Modern Art in New York - nach viel Überredung durch Headhunter, wie die künftige Direktorin betont – hat weglocken lassen? Sie habe gerne schwierige Aufgaben, so Sabine Breitwieser. Und das MdM sei ein „tolles Haus voller Leerstellen, die man mit Kreativität füllen kann“.

Was soll aufgebaut, was soll vermittelt werden? Sie wolle nicht das Rad neu erfinden, gehe aber mit mehr Fragen als Antworten an ihre Arbeit in Salzburg heran, in einer Stadt also, die sich stark über Musik und das Theatralische definiere: „Die Moderne kennt dieses Spartendenken nicht.“ Sie wolle daher von der klassischen Rolle des Museums abrücken, empfinde es etwa als spannend, „wenn der Mensch selbst, der Körper in Spiel kommt, in einem Haus, das für statische Kunst gebaut wurde“: „Das Museum an der Schnittstelle zwischen Tanz und Kunst.“

Sie strebe ein Haus an, „das in Dialog treten will, ein offenes Haus, in dem die Kunstwerke nicht nur statisch hängen“. Das Besondere der Stadt Salzburg, etwa die Festivals von Festspielen bis Biennale, wolle sie gerne in künftige Projekte einbeziehen.

Auch die „Dunkle Seite der Moderne“, von Kolonialismus bis Faschismus wolle sie in den Blick nehmen: „Was hat Österreich etwa mit der Vertreibung der Juden verloren?“ Hier liege der Grund dafür, dass es in Österreich und eben auch in Salzburg, keine Sammlung moderner Kunst gibt. Der Gender-Aspekt gehöre ebenfalls in den Kontext der Frage nach den zeitlichen und sozialpolitischen Perspektiven eines Museums: „Haben weibliche Künstlerinnen die gleichen Chancen, eine Ausstellung zu bekommen?“

Die Lage oben auf dem Mönchsberg sei „interessant“: „Wie wird das Haus erlebt? Wie bekommt man einen möglichst barrierelosen Zugang, dass sich die Menschen angesprochen und wohl fühlen?“ Wie bekommt man internationales Publikum außerhalb der Festspielzeit, nach Salzburg ins Museum? Wie lockt man ein Fachpublikum: Auch das Fragen, die Sabine Breitwieser angetreten ist zu beantworten.

Da es kein Geld gibt, um eine „hochkarätige Sammlung“ einzukaufen, werde sie „auf wohlhabende Persönlichkeiten  ausweichen, die sich dafür interessieren und mithelfen“, eine solche aufzubauen. Amerikanisches Modell also.

Bilder: dpk-klaba