Fähigkeit geistlicher Aneignung

 

SALZBURGER HOCHSCHULWOCHE / THEOLOGISCHER PREIS

31/07/14 Ein Brüderpaar – Christoph Theobald SJ und Michael Theobald – erhielt heuer den Theologischen Preis der Salzburger Hochschulwochen. Mit ihren Forschungen haben die beiden „nicht zuletzt den entscheidenden theologischen Anliegen des II. Vatikanischen Konzils Geltung verschafft“, hieß es bei der Verleihung am Mittwoch (30.7.).

Die beiden sind 1946 bzw. 1948 geboren. Christoph Theobald SJ ist Professor für Fundamentaltheologie in Paris, Michael Theobald ist Neutestamentler in Tübingen. Für Christoph Theobald ist die crise moderniste und der Zweifel am Dogmengebäude der Kirche ein bleibendes Thema. Sein bahnbrechendes Hauptwerk „Le christianisme comme style“ sei eine ästhetisch inspirierte phänomenologisch begründete theologische Arbeit, so der Laudator Josef Wohlmuth. Auf der Haltung der (jesuanischen) Gastfreundschaft aufbauend spiegle sich in seinem Werk die Zuversicht, dass die Menschen in Europa auf kommunikativen Lebensstil ansprechbar sind - es gebe keine Verkündigung des Evangeliums ohne Einbeziehung des Adressaten.

An Michael Theobald nimmt den Laudator die „Fähigkeit geistlicher Aneignung“ ein. „Die Vielstimmigkeit der Gotteserfahrung darf nicht in widerspruchfreies Konzept überführt werden“, so Michael Theobald selbst.

In seiner Dankesrede ging Christoph Theobald auf das Thema der Hochschulwoche ein. Der für ihn entscheidende Aspekt des europäischen Projektes: „Wir brauchen ein neues Verhältnis zu unseren Grenzen.“ Als Grenzgänger zwischen der deutschen und französischen Kultur und Kirche sei der Topos der Gastfreundschaft für ihn auch im konkreten Leben stets zentral gewesen. Christoph Theobald erhofft dabei eine Umkehrung der Beziehung Gast und Gastgeber. Seine Utopie ist ein sich aus grenzüberschreitender Gastfreundschaft heraus denkendes Europas.

Auch Michael Theobalds denkt über Sprache nach. Aus der Pfingstgeschichte liest der Wissenschafter heraus: Das In-allen-Sprachen-verstanden-Werden sei das Wesen des Wortes Gottes, aussagekräftig für jeden Ort, für jede Zeit zu sein. Aber es brauche Mut zur Übersetzung, so Theobald. Die Jesu-Worte seien kein starres Gesetz, sondern wollten in der pastoralen Praxis in den Bezug zum Menschen gestellt sein will. Jesus war „kein Gesetzeslehrer, sondern eschatologischer Prophet“.

Der mit 5.000 Euro dotierte Theologische Preis der Salzburger Hochschulwochen wird seit dem Jahr 2006 jährlich in Anerkennung des theologischen Gesamtwerks eines Wissenschaftlers vergeben. (HSW)

Die "Salzburger Hochschulwochen", die noch bis 3. August dauern, stehen heuer unter dem Titel „Europa – Entgrenzungen“. Vortragende an den letzten Tagen sind unter anderem der Islamwissenschaftler Nicolai Sinai und der Religionssoziologe Karl Gabriel. - www.salzburger-hochschulwochen.at
Bilder: Salzburger Hochschulwochen