Das Leben in zwei Welten
FILMKRITIK / PERLA
23/04/25 Die in der Slowakei geborene und seit 1991 in Wien lebende Regisseurin Alexandra Makarová liefert mit Perla ihren zweiten Spielfilm ab, der nach der Weltpremiere in Rotterdam und einer Präsentation auf der Diagonale nun auch in den heimischen Kinos läuft.
Von Andreas Öttl
Ihr beeindruckendes Drama über das Hin- und Hergerissensein zwischen zwei Welten trägt offensichtlich autobiographische Züge, selbst die Rolle des Ehemanns im Film wird von Simon Schwarz – seit 2012 Makarovás Partner im wirklichen Leben – gespielt.
Der Künstlerin Perla (Rebeka Poláková) gelang als Schwangere die Flucht über die Grenze des Eisernen Vorhangs. Nun lebt sie als alleinerziehende Mutter im Exil und kämpft darum, ihre Tochter Julia (Carmen Diego) in ihrer Karriere als Pianistin zu unterstützen. Als Julias Vater Andrej (Noël Czuczor) aus dem Gefängnis entlassen wird und behauptet, schwer krank zu sein, macht sich Perla auf die gefährliche Reise zurück in die Tschechoslowakei. Dort angekommen trifft Perla folgenschwere Entscheidungen, die ihre Zukunft gefährden.
Während der Film auf der erzählerischen Ebene etwas braucht, den Zuseher in den Bann zu ziehen, besticht der Film vom ersten Augenblick an durch seine großartige visuelle Umsetzung. Nicht nur ist die Verwendung des engen 4:3 Formats sehr stimmig, um die beklemmende Lebenssituation zu visualisieren, in der sich die Protagonistin befindet. Die klare und kunstvolle Bildgestaltung sowie das Szenenbild heben den Film auf ein Niveau, das in diesem Aspekt nur wenige Dramen dieser Art erreichen. Ihrem Kameramann Georg Weiss reicht ein Stiegenaufgang eines Altbauhauses, um daraus mit einer ungewöhnlichen Perspektive eine kunstvolle Komposition zu machen. Besonders hervorzuheben ist auch die durchdachte Farbdramaturgie, etwa die wiederkehrende Verwendung der Farbe Rot, welche den Bildern zusätzliche Bedeutungsebenen gibt.
Es wirkt dennoch nie aufdringlich, wie es der Regisseurin gelingt, ihre Bilder emotional aufzuladen. Wer das provinzielle, von einer weltoffenen Weltstadt noch weit entfernte Wien der 1980er Jahre miterlebt hat, wird es im Film wieder fühlen können und dies, obwohl die meisten Szenen in Innenräumen spielen. Im Vergleich zu ihrer von traditionellen patriarchalen Strukturen und einem repressiven Regime bestimmten Heimat Slowakei, deren ländliche Schauplätze stimmungsvoll eingefangen sind, erscheint diese aber dennoch wie ein utopischer Ort der Hoffnung.
Vor allem im letzten Drittel des Films entwickelt dieser dann auch eine immer stärkere emotionale Kraft, zu der auch die starke Schauspielleistung von Hauptdarstellerin Rebeka Poláková viel beiträgt. Eine bedrückende Szene eines dann doch nicht in voller Konsequenz zustande kommenden kollektiven Gewaltakts ist sehr kraftvoll inszeniert. Die Regisseurin hat jedoch genug Feingefühl, nie ins Plakative oder Sentimentale abzudriften. Am Ende reicht ein stiller, präzise kadrierter Moment, um den mitunter schwermütigen Film mit einer hoffnungsvollen Note ausklingen zu lassen.