In Tanzschritten

MATTSEER DIABELLI SOMMER / CAMERATA SALZBURG

12/06/17 Der 17. Diabelli Sommer in Mattsee schon. Am Sonntag (11. 6.) ging es in der Stiftskirche mit der Camerata los. Und zum vierten Mal wurde hier ein Werk von Shane Woodborne uraufgeführt: Jubel für seinen Kollegen Jeremy Findlay aus den Reihen des Orchesters, den Solisten im eingängigen Cellokonzert.

Von Horst Reischenböck

Unter dem diesjährigen Titel „Aus der Donaumonarchie“ lässt sich viel verpacken. So stand der erste Abend nicht zuletzt unter tänzerischen Aspekten. Gleich zu Beginn eine Rarität von Arnold Schönberg – Anlass auch darüber nachzudenken, wie an diesem Ort mit dem Komponisten umgesprungen worden war, als Juden plötzlich nicht mehr wohl gelitten waren als Sommerfrischler.

Mutmaßlich für den Orchesterverein „Polyhymnia“, dem Schönberg angehörte, schuf er in seiner Jugend in bester Wiener Tradition zehn Walzer für Streichorchester. Sie wurden übrigens Ende August 2004 als Weltpremiere seitens der Camerata unter Leonidas Kavakos im Mozarteum präsentiert. Daran knüpften nun Konzertmeister Gregory Ahss und zehn Mitstreiter an. Sie setzten den durchaus melodisch eigenwillig und gelegentlich sogar metrisch gegen den Strich gebürsteten Miniaturen, aus denen gelegentlich Brahms' Vorbild hervorlugt, erneut Glanzlichter auf.

Das Hauptinteresse an dem Abend galt freilich dem gebürtigen Südafrikaner Shane Woodborne. Er zählt schon seit geraumer Zeit zu den unverzichtbaren Stützen der Camerata, innerhalb der er sich meist dezent eher im Hintergrund aufhält, seine Ideen dafür umso intensiver in Programmen und eben auch eigenen Tönen ausdrückt. Für das groß konzipierte Konzert für Violoncello und Streicher fand er originelle Lösungen und bewies, dass man auch heutzutage ohne sich etwas zu vergeben durchaus tonal und für Hörer eingängig komponieren darf und kann. Die drei gut gearbeiteten und nachdrücklichen Teile sind aus ihrer vornehmlich ernst gestimmten Thematik heraus eigenständig geformt.

So erinnert der Kopfsatz im Aufbau mitunter in doppelter Abfolge von langsamen und kontrastierend schnellen Abschnitten an barocke Ouvertüren-Vorbilder. Auch rhetorisch in ihren dem Solisten anvertrauten Floskeln, die jeweils abrupt in Gewitterstürme à la Vivaldi umschlagen. Im Anschluss daran werden leichtfüßig verträumte Walzerklänge brutal von dramatischen Akzenten (der Musik von Schostakowitsch nicht unähnlich) abgelöst. Im Finale schließlich ist nach pulsierendem Einstieg wie im Dvořák-Konzert auch fingertechnisch anspruchsvolles Engagement angesagt. Für die dankbar kantablen Linien wie auch die geforderte Virtuosität setzte Solist Jeremy Findlay auch sichtbar voller Energie sein ganzes Herzblut und das unter seinen Händen prachtvoll klingende Instrument ein. Die einhellig bekundete Zustimmung im Anschluss daran sollte Interpreten motivieren, dieses für die absolut dankbare Werk zu verbreiten.

Nach der Pause wiegte sich die Camerata Salzburg beschwingt durch die bekannten Fünf Deutschen mit sieben Trios und Coda D 90 des zum Zeitpunkt ihres Entstehens erst sechzehnjährigen Franz Schubert. Mit Leoš Janáčeks gleichfalls früh entstandener Suite für Streichorchester öffnete man dann das Tor über die Grenze hinweg in Richtung Mähren. Ein Heimspiel quasi für die an diesem Wochenende vielbeschäftigte Camerata und ein Festival-Auftakt, der schöner nicht hätte ausfallen können.

Das Programm des Diabellisommers Mattsee (bis 14.9.): www.diabellisommer.at
Bilder: Diabelli Sommer Mattsee