… ins Offene und auf die Alm treiben…

JAZZFESTIVAL SAALFELDEN 2010

09/06/10 Vogel-Gezwitscher, Katzen-Musik, Elefanten-Getröte - die Sujets öffnen Phantasieräume. Und auch Wal-Gesänge lassen sich vorstellungsmäßig gut unterbringen: „Mischformen aus verschiedenen Genres, Musikerinnen und Musiker, die  sich keiner eindeutigen stilistischen Prägung zuzuordnen lassen“, prägen das Programm des 31. Jazzfestival Saalfelden.

Von Heidemarie Klabacher

altDiesmal kein Saxophon, keine Trompete. "Warum nicht auch einmal ein Elefant in Saalfelden? Das provoziert und macht neugierig“, sagte Intendant Mario Steidl, bei der Programmpräsentation heute Dienstag (8.6.) Die scherenschnittartigen Tierchen bevölkern nicht nur Plakate und Prospekte. Sie werden beim Festival auch den Ort und die Spielstätten bewohnen. Von einem überdimensionalen Wal schwärmt Steidl…

Gibt man sich beim Corporate Design artenübergreifend, ist die Programmlinie Genres und Grenzen überschreitetend. Man will keinen „vollständigen Überblick über all jene Phänomene geben, die mit dem Etikett ‚Jazz’ behaftet sind“. Michaela Mayer und Mario Steidl wollen hierzulande noch wenig bekannte Künstler (etwa die britische Gruppe „Led Bib“ oder die Saxophonistin Ingrid Laubrock) ebenso präsentieren, wie etablierte Bands, "die ein ungewöhnliches neues Projekt vorstellen" (wie etwa Terje Rypdal oder die Jazz Passengers).

alt„Beim diesjährigen Festival begegnen wir einer ganzen Reihe von Kollaborationen über den Atlantik hinweg", so Mario Steidl. Dies zeige, "dass der bis vor einigen Jahren durchaus berechtigte Antagonismus zwischen amerikanischem und europäischem Jazz sich heute so nicht mehr aufrechterhalten lässt“. Die  deutsche Saxophonistin Ingrid Laubrock habe sich nach einem mehrjährigen Aufenthalt in London nun in New York niedergelassen, um mit dortigen Musikern ihre Projekte zu verwirklichen. Das gilt auch für die Schweizer Pianistin Sylvie Courvoisier, die heuer in Saalfelden im Quartett und im Duo mit dem Geiger Mark Feldman zu hören sein wird. „Der finnische Gitarrist Raoul Björkenheim wählte für sein Trio-Projekt die Amerikaner Hamid Drake und William Parker“, erzählt Steidl von Grenzüberschreitungen, die im Jazz heute selbstverständlich sind und daher auch im Saalfelden-Programm Niederschlag finden.

altEs seien aber durchaus auch Musiker vertreten, „die sich bestimmten Traditionslinien zuordnen lassen“, wie etwa das neue Ensemble des französischen Geigers Dominique Pifarély: „Er hat einige der wichtigsten Improvisatoren seines Landes versammelt, wie die Bassistin Hélène Labarrière, den Saxophonisten Francois Corneloup. Sie stehen auf der Grenzlinie zwischen zeitgenössischer komponierter Musik und den Impulsen der freien Improvisation: Kammermusik auf allerhöchstem Niveau.“

Andere europäische Bands vertreten wiederum Mischformen aus verschiedenen Genres: „Das mag daran liegen, dass die Jüngeren unter ihnen keiner eindeutigen stilistischen Prägung zuzuordnen sind. Vom energetischem Free Jazz zu Metal Hardcore ist es heute nur mehr ein kleiner Schritt“, so Mario Steidl.

altSamples aus Filmen und Elektro-Beats verbinde der norwegische Gitarrist Terje Rypdal zu einer Klanglandschaft, „die ironisch die Bigband-Ära zitiert, aber vom Geist der Rockmusik angetrieben wird“, während der schwedische Saxophonist Mats Gustafsson „sich auf die kraftvolle freie Improvisation stützt und gleichzeitig mit Versatzstücken der Rockmusik spielt“. Auch die Geigerin Carla Kihlstedt lasse sich keinem bestimmten Genre zuordnen. Spuren der europäischen Klassik- und Kammermusiktradition finden sich beim Trompeter Cuong Vu, beim Courvoisier-Feldman Quartett oder bei Myra Melford.

alt„Aber diese Spuren müssen nicht offen zutage treten“, betont Marion Steidl: „Gerade in der Aneignung und Unkenntlichmachung des Ursprungsimpulses fasst sich die Kreativität der Musiker.“ Das Festival sei jenen verpflichtet, „die konsequent aus einer Tradition heraus diese beständig erneuernd und ins Offene treiben“.

Wirtschaftlich geht es dem Unternehmen Jazzfestival Saalfelden sehr gut, sagt der neue Tourismusdirektor Peter Donabauer. der Tourismusverband Saalfelden ist ja Veranstalter des Festivals. Die „Krise“ habe zwar nichts leichter gemacht, aber das Festivals genieße einen derart guten Ruf, dass Gespräche mit Förderern und Sponsoren in entspannter Atmosphäre stattfinden. 650.000 Euro ist heuer das Gesamtbudget: je ein Drittel kommt von Sponsoren, der öffentlichen Hand und aus Eigeneinnahmen. „Vier Fünftel des Gesamtbudgets fließen ins Künstlerische“, so Peter Donabauer.

Das Jazzfestival Saalfelden 2010 findet von 26. bis 29. August auf sieben Bühnen in, um und über (Almen!) Saalfelden statt. 31 Konzerte stehen im 31. Jahr auf dem Programm.  Karten, Info, Programmdetails: www.jazzsaalfelden.com .
Bilder: Jazzfestival Saalfelden / Agentur Rahofer