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Wie man Schafe auseinander hält

HINTERGRUND / TAURISKA / PROJEKT SCHAFOHRMARKE

09/09/21 Kultur ist natürlich viel mehr als Musik und Theater. Das weiß man beim Kulturverein TAURISKA und widmet sich daher auch alten Handwerkspraktiken und bräuchen. Oder traditionellen Obstsorten und ihrer Kultivierung. Im gerade aktuellen Projekt SchafOhrMarke geht’s ums Schaf.

Kürzlich wurde das Kunstprojekt, für das sich Künstler, Handwerker, Pädagogen, Wissenschafter und Musiker erwärmen konnten und zu dem sie viel Kreatives beigetragen haben, in Neukirchen am Großvenediger vorgestellt. Und ein ganzes Jahr lang, bis Ende August 2022, wird man die dazugehörige Ausstellung im Kammerlanderstall anschauen können, immer am Donnerstag. Im Laufe des Jahres sollen dort auch viele weitere Veranstaltungen zum Thema stattfinden.

Zum heimischen Wolle-Spender sollte einem dort also derzeit viel mehr einfallen als der eine oder andere ob seines übermäßigen Gustos auf Schaffleisch der „Entnahme“ preisgegebene Wolf. Besser vielleicht, man erinnert sich des Dialektwortes Moarch. Das wird man den Menschen in anderen Salzburger Landesteilen, aber wohl auch im Pinzgau selbst erst verdeutschen müssen. Es geht um die Art, wie Schafbauern ihre Tiere einst mit Einritzungen und Einschnitten an den Ohren kennzeichneten. Das war, bevor das Fleichverarbeitungs-Gesetz nach Nummern-Codierung verlangte oder Bauern einfach mit Farbe Tupfen aufs Schaffell malten.

Die Volkskundlerin Ilka Peter, hat sich ab den 1930er Jahren bei den Pinzgauer Schafbauern umgeschaut und umgehört. In einem Schafmoarch-Büchlein hat sie die Kennzeichnungen beschrieben, wie sie ihr bis in die 1960er Jahre begegneten. Was ist von dieser alten Praxis noch bekannt? Gemeinsam mit den Landwirtschaftlichen Fachschulen in Bruck läuft gerade eine Fragebogenaktion, Lehrer verteilen diese an ihre Schülerinnen und Schüler. Eltern und Großeltern sollen berichten, was sie zu dem Thema noch wissen oder von ihren Ahnen aufgeschnappt haben. Vielleicht, so hofft man, finden sich da und dort sogar noch alte Morchzangen. Vielleicht wärfen da jene Höfe erste Adressen, an denen Ilka Peter einst recherchiert hat?

Dem in Neukirchen geborenen Performancekünstler Peter Fritzenwallner ist aufgefallen, dass die jetzt vereinheitlichte Ohrmarkierung mit der neunstelligen Zahl nicht ganz einfach zu handeln ist: „Welcher Bauer soll sich bei tausend Schafen, die von der Alm ins Tal kommen und dann aussortiert werden, all die Nummern merken? Alle Markierungen sehen ja gleich aus.“ Deshalb hat sich Fritzenwallner eigene Moarchen ausgedacht. Dass ein Künstler das fordere, „was wir Bauern schon lange ansprechen, nämlich eine individuelle Kennzeichnung“, das begeistert Robert Zehentner, den Gründer der Tauernlamm-Genossenschaft.

Bei der Projektpräsentation konnte man auch den Unterschied hören, wia anders eine Geige mit moderner Besaitung oder mit Saiten aus Schafdärmen klingt. Keine Neuigkeit für Leute, die sich im Originalklang auskennen. Für Normal-Musikverbraucher sehr wohl. Es geht also nicht nur um Schafkäse und Wolle.

Für die Ausstellung „Ich zeichne mir ein Schaf“ hat die Rauriser Schriftstellerin und Fotografin Susanne Rasser im Raurisertal mit Schafhaltern, Schafbauern und Schafliebhabern gesprochen. Interviews, eigene literarische Texte und Fotografien – viel Material auf 29 Schautafeln.

Der Filmemacher Simon Tasek hat zusammen mit dem Koch Rudi Pichler den Film „Lehrling der Zeit“ gedreht. Auch zum Projekt SchafOhrMarke werde ein Film entstehen, verriet er und meinte: „Es wird auf jeden Fall ein Genuss für alle Sinne.“ Margit Gantner aus Neukirchen ist eine regionale Filmemacherin. Ihre Beiträge von den Schafen am Seebachsee im Obersulzbachtal in Neukirchen und vom Schaf beim Ifanglbauern in Bramberg sind in dieser Schau im Kammerlanderstall besondere Zeitdokumente.

Zusätzlich gibt es dort noch einen eigenen Filmraum, wo der ORF-Film über die Transhumanz-Wanderweidewirtschaft gezeigt wird. Die steht immerhin auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Das Projekt SchafOhrMarke hat sich bis zur Landjugend Saalfelden durchgesprochen. Im Kammerlanderstall stellten Katharina Fritzenwanker (Handelsangestellte) und Andrea Stöckl (Bankangestellte) ihr „Jump- Projekt“ unter dem Titel „HAARSCHAF – Komme was WOLLE – wir SCHAFen das!“ vor und sie wollen weitere Vorhaben im Herbst bei einer Veranstaltung präsentieren. (TAURISKA/dpk-krie)

Die Ausstellung SchafOhrMarke ist bis 29. August 2022 jeden Donnerstag von 11 bis 16 Uhr im Kammerlanderstadl zu besichtigen. Das Projekt SchafOhrMarke wird von 15. bis 17. Oktober in Bozen beim „Internationalen Festival für textiles Handwerk, textile Kunst und Design“ vorgestellt – www.tauriska.at
Bilder: TAURISKA (2); Filmstill "Lehrling der Zeit" (1)

 

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