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Mahler im Brennglas

MATTSEER DIABELLI SOMMER / GUSTAV MAHLER ZUM 150. GEBURTSTAG

01/08/10 Die Erste Mahler mit Streichquintett? Das geht! Gustav Mahlers Symphonie D-Dur erklang in der Stiftskirche Mattsee in einer Fassung für Kammerorchester: Keine nette Kuriosität, sondern ein mitreißendes und erhellendes Mahler-Erlebnis vom Feinsten.

Von Heidemarie Klabacher

„Die Kammerorchester-Version des Geigers und Komponisten Johannes Krall will natürlich keine Konkurrenz zum Original sein, sondern eine Möglichkeit, das Werk in besonderer Klarheit in intimeren Räumen hören zu können“, schreibt Gottfried Franz Kasparek, der Künstlerische Leiter des Mattseer Diabelli Sommers, im Almanach.

Soviel Bescheidenheit wäre gar nicht nötig gewesen. Es war ganz einfach ein mitreißendes Konzerterlebnis: von den geheimnisvollen Klängen der langsamen Einleitung und den schwelgerischen Energieausbrüchen des ersten Satzes, über den berühmten „Frère Jacques“-Kanon in Moll und das berührende Lied vom Lindenbaum im dritten Satz, bis hin zur finalen  zur Apotheose.

Kai Röhrig leitete am Freitag (30.7.) in der Stiftskirche Mattsee die „Salzburg Orchester Solisten“. Präzise im Detail, intensiv im Zusammenhalt, vorwärts drängend in der Grundhaltung und - „naturgemäß“ - transparent im Klang: das sind die Koordinaten dieser Aufführung.

Es war von allergrößtem Reiz, jeder Stimme folgen, sich kreuzende Linien aufzudröseln und musikalischen Entwicklungen in jeder Phase nachspüren zu können. Wie Partiturlesen ohne Partitur. Das Bestechende, ja Frappierende, dieser Aufführung in Minimalbesetzung (zum Streichquintett kam „das Nötigste“: einfache Bläserbesetzung, Schlagzeug, Harfe) war denn tatsächlich weniger die Durchsichtigkeit, denn die Klangfülle und Intensität „trotzdem“. Ein physischer und psychischer Kraftakt muss das für die Musikerinnen und Musiker gewesen.

Da mag, neben dem klugen Satz von Johannes Krall, auch der Aufführungsort sein Scherflein beigetragen haben. Die Stiftskirche Mattesee hat eine musikfreundliche Akustik, ohne dabei besonders hallig zu sein: ein Raum, der „trägt“, aber die Klänge nicht zur Klangwolke verdampft.

Tatsächlich blieb so etwa auch das bockige Scherzo mit dem Ländler immer eindeutig ein groß gedachter Symphonie-Satz, wurde nie - was nahe läge - zur Tanzl- oder Schrammelmusik. Immer wieder schien die Ironie Mahlers gar ins Wahnhafte zu kippen. Aufregend war das. Am anderen Ende der Skala standen dagegen Energie und Kraft, statt bloßer Lautstärke. Hervorragend, wie Kai Röhrig die Balance zu wahren und die Musikerinnen und Musiker sich auf diese Herausforderungen einzustellen gewusst haben.

Ebenfalls ein bleibendes Erlebnis in Kammerorchester-Besetzung: Richard Wagners „Wesendonck-Lieder“. Die Salzburg Orchester Solisten spielten nicht die bekannte Fassung von Felix Mottl, sondern die noch stärker konzentrierte zeitgenössische Fassung aus 2003 von Andreas N. Tarkamnn. Michaela Selinger hat mit bronzefarbenem ebenso kräftig wie fein gesponnenem Mezzo in die hochemotionalen Klangwelten Wagners und seiner - vermutlich - ferngebliebenen Geliebten geführt.

Der Mattseer Diabelli sommer hält noch bis 10. September reizvolle Konzerte bereit. Karten und Info: www.diabellisommer.at

 

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