Offen und verhandlungsbereit

ZELL AM SEE / AUSSTELLUNG / VITA ACTIVA

06/12/22 Ein neuer Kunstverein und seine erste Ausstellung. Der Verein kunst zelle wurde heuer in Zell am See gegründet. Seine erste Ausstellung richtet den Blick auf die Notwendigkeit, „den vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit mit tätigem Handeln zu begegnen“.

Von Heidemarie Klabacher

Für seine erste Ausstellung hat der junge Verein Künstlerinnen und Künstler aus den Bereichen Malerei, Fotografie, Grafik, Bildhauerei und Installationen eingeladen, Arbeiten zum Thema Menschsein im 21. Jahrhundert einzureichen. „Aktiv danach zu fragen, wie unsere Welt aussehen soll, wie Welten zu schaffen sind, die Perspektiven bieten und Beständigkeit haben“, war der Leitgedanke des überregionalen Calls vergangenen Sommer, berichtet Birgit Rabl. Vierzig Einreichungen hat es gegeben. Postionen von fünf Künstlerinnen und Künstlern aus Salzburg, Wien und Bramberg wurden ausgewählt. Die Ausstellung Vita Activa im Ferry Porsche Congress Center Zell am See zeigt ab Donnerstag (8.12.) Skulpturen von Martin Amerbauer, Installationen, Objekte und Zeichnungen von Christian Ecker und Fotografie von Gloria Zoitl – alle drei Salzburg. Weiters präsentiert werden Malerei und Zeichnungen von Ramadan Hussien, Syrien/Wien, sowie Installation, Malerei und Collagen von Doris Schamp, Bramberg/Wien.

Der gemeinnützige Verein kunst zelle wurde 2022 in Zell am See gegründet. Mit mehrmals jährlich stattfindenden Ausstellungen zeitgenössischer Kunst und „damit zusammenhängenden künstlerischen Veranstaltungen“ will das vorerst vierköpfige Team Peter Buchmayr, Gerlinde Hochmair, Birgit Rabl und Norbert Mayer „das allgemeine Kulturverständnis, die kulturelle Betätigung, die Kultur- und Kunstvermittlung im öffentlichen Raum fördern und aufstrebenden Künstlerinnen und Künstlern ein Forum bieten“. Derzeit sei man froh über die zentrale Location, das Ferry Porsche Congress Center Zell am See. Bereits für die nächste Ausstellung hofft man, ein intimeres Umfeld für die Kunst zu finden: „Wir haben so feine Arbeiten im Auge“, sagt Birgit Rabl.

Zunächst also Vita Activa im großen Rahmen: In den Arbeiten von Christian Ecker geht es um das Thema Zeit, „speziell um die Zeit, die uns bleibt, eine Zeitenwende hin zu einer humaneren und nachhaltigeren Lebensweise einzuleiten“, erklärt Birgit Rabl. In seiner Arbeit Maßstab zur Vermessung der Zeit wage der Künstler „die Visualisierung von Zeit als formbares Kunstwerk“. Diesen Gedanken verfolge Egger, 1961 geboren in Salzburg, auch in seinen minutiös ausgeführten Graphit-Zeichnungen.

Gloria Zoitl setzt sich mit dem Thema Einwanderung und Grenzen auseinander. „Dafür überarbeitet sie ihre Fotografien und setzt sie mit Texten aus dem Internet zu Collagen zusammen, mit denen sie für die Öffnung der Grenzen Europas nicht nur aus schlichtweg humanitären Gründen, sondern auch aus historischen und wirtschaftlich notwendigen Zwecken plädiert“, so Birgit Rabl über die aktuelle Arbeit der in Salzburg und auf Sardinien lebenden Künstlerin. „Migration ist kein zeitgenössisches Phänomen, sondern zieht sich durch viele österreichische Familiengeschichten, wie auch durch die der Künstlerin Gloria Zoitl.“

Doris Schamp thematisiere in ihrer Installation Frau am Bau die Beziehung zwischen Frauen im Arbeitsleben. Ein Turm bestehend aus Holzspielsteinen mit aufgemalten Silhouetten von voranschreitenden Business Woman verweise „sowohl auf die Wichtigkeit, Aufeinander aufzubauen und gemeinsam Großes zu erreichen, als auch auf die filigrane Situation dieser Netzwerke“. Zentrale Gedanken, die „Notwendigkeit starker, weiblicher Vorbilder“ und der Mut, „Geschlechterstereotypen aufzubrechen“. Interessanter Gedanke: „Auch ein Bild an der Wand sei ein Vor-Bild, und Abbildungen und Vorbilder prägen das eigene Verhalten.“

Martin Amerbauer stellt Bronzegüsse ihren Originalen in Serpentin gegenüber und lädt dazu ein, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu suchen. Eine der Fragen: „Die Hand des Künstlers muss den Bronzeguss während der Herstellung nicht notwendigerweise jemals berührt haben. Lässt sich der Akt des künstlerischen Handelns am Original in seiner Kopie, dem Bronzeguss noch wahrnehmen?“ Amerbauers Skulptur Sagrada Familia stelle Mutter, Vater und Kind dar, „wobei letzteres die Last der Eltern auf seinen Schultern trägt und damit auf die immerwährende Weitergabe der Familiengeschichte über Generationen hinweg verweist.“

Im Werk von Ramadan Hussien steht immer der Mensch im Mittelpunkt: „Sein Interesse an Portraits erwachte bereits in jungen Jahren bei langen Zugfahrten, wo er die müden Gesichter schlafender Arbeiter, ausgezehrt vom harten Alltag, studierte und zeichnete“, so Birgit Rabl. Heute beschäftigten den Künstler „die Erinnerungen seiner Heimat, die es so nicht mehr gibt, und seiner Freunde, die er aufgrund des syrischen Bürgerkriegs zurücklassen musste“.

Vita Activa – Ausstellung von 8. bis 16. Dezember im Ferry Porsche Congress Center Zell am See – Vernissage ist am Mittwoch (7.12.) um 18 Uhr – www.zell-e.at
Bilder: www.zell-e.at